Zum Schweigen manipuliert...
Bravo Herr Morf!
CovidPolitik im alten Fahrwasser Erneut an der Grenze der Verfassungsmässigkeit. PETER MORF
Für einmal sind die vermeintlich langsamen Berner die Schnellsten: Als erster Kanton hat Bern Grossveranstaltungen mit mehr als 1000Teilnehmern wegenCorona wieder verboten – auf unabsehbare Zeit, der Beschluss des Regierungsrats ist nicht befristet. Es ist davon auszugehen, dass andere Kantone dies auch tun werden. So prüfen etwa Thurgau, St. Gallen oder Zürich ähnliche Schritte. Allerdings handelt es sich dabei für Bern um einen unrühmlichen Spitzenplatz. Es ist zu befürchten, dass sich Bern – und jene Kantone, die folgen – kaum der Risiken des Verbots bewusst sind. Zunächst denkt jedermann an Sportveranstaltungen und die dahinterstehenden Vereine. Doch sind nicht nur sie betroffen, sondern auch grössere kulturelle Events. Eine derartige Begrenzung kann zum existenziellen Problem werden. Es ist nicht anzunehmen, dass die Kantone finanziell in die Bresche springen werden – gerade der traditionell klamme Kanton Bern wird dazu kaum in der Lage sein. Sind die entsprechenden Strukturen aber einmal zerstört, kann es Jahre dauern, bis sie wieder aufgebaut sind. Das gilt übrigens auch für das unter Druck stehende Gastgewerbe. Betroffen sind Tausende von Arbeitsplätzen und eine hohe Wertschöpfung – die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden sind enorm. Daraus wird zunächst eines klar: Auch die neuen Massnahmen lassen eine vertiefte Debatte der Verhältnismässigkeit vermissen. Es trifft zu, dass die Infektionszahlen in den vergangenenWochen rasant gestiegen sind. Es trifft jedoch auch zu, dass die Zahl der Hospitalisierungen zwar auch steigt, aber immer noch auf niedrigem Niveau und vergleichsweise langsam. Das gilt erst recht für die Todesfälle. Vergleicht man zudem die gesamtschweizerischen Todesfälle der vergangenen sechs Jahre je für die Wochen eins bis vierzig, so zeigt sich Erstaunliches: Im Coronajahr 2020 liegt die Gesamtzahl der Todesfälle von Jahresbeginn bis Anfang Oktober 1% unter dem Durchschnitt der vergangenen sechs Jahre. Sie liegt gar 4% unter dem Niveau von 2015, als eine heftige Grippewelle die Schweiz erfasst hatte. Corona hat in der Schweiz nicht zu einer Übersterblichkeit geführt. Neben der fehlenden Debatte über die Verhältnismässigkeit muss sich der Bundesrat erneut vorwerfen lassen, dass er die Bundesverfassung zumindest ritzt – das istim Rechtsstaat Schweiz ein unhaltbarer und unerträglicher Zustand. Das Verbot vonVersammlungen undVeranstaltungen von mehr als 15 Personen im öffentlichen Raum lässt sich nicht in Einklang bringen mit der Verfassung. Dasselbe gilt für die Einschränkungen für Veranstaltungen im Freundes- und Familienkreis. Die Versammlungsfreiheit wird beschnitten. Auch die Öffentlichkeit bzw. die Mehrheit der veröffentlichten Meinungen bewegen sich im alten Fahrwasser. Kaum jemand stört sich an den neuen Einschränkungen, (fast) alle Bürger halten sich, wenn auch bisweilen murrend, daran – obwohl etlicheVorschriften reichlich schikanös erscheinen. Sie werden hingenommen, auch wenn sie mit keinem Ablaufdatum versehen sind. Das ist gefährlich.
Quelle: FuW von heute
Gruss, Simona