Darfs es bitzli meeh sii ??
9 oder 12 Millionen Menschen in der Schweiz?
Urs P. Gasche / 05. Sep 2014 - Alle machen Front gegen die Ecopop-Initiative. Deshalb hier Argumente, die für eine Beschränkung der Netto-Zuwanderung sprechen.
Bundesrat, sämtliche Parteien, alle Wirtschaftsverbände und alle grossen Medien sind gegen die Initiative der Ecopop. Deshalb seien hier Argumente zur Diskussion gestellt, die für eine Begrenzung der maximalen jährlichen Nettozuwanderung, also Einwanderer minus Auswanderer, auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung sprechen.
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Fakten
Nach Annahme der Ecopop-Initiative kann die Bevölkerung jedes Jahr noch um über 30'000 Personen zunehmen: um 16'000 durch Netto-Zuwanderung (bei 75'000 Auswanderern also 91'000 Einwanderer) und um 15'000 wie bisher durch Geburtenüberschuss. 30'000 Personen entsprechen der Bevölkerung der Stadt Chur oder der Städte Solothurn und Liestal zusammen. Im Jahr 2013 hat die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz um 100'600 Personen auf 8,14 Millionen zugenommen.
Die Agenda 21 der Uno-Weltkonferenz zur Umwelt von 1992 in Rio verlangt «einzelstaatliche bevölkerungspolitische Ziele und Programme». Diese Agenda hat die Schweiz unterschrieben, jedoch nicht in Taten umgesetzt. Im Gegenteil: Die Zuwanderung wird mit Steuererlass für Unternehmen, mit Pauschalsteuern und dem Freizügigkeitsabkommen aktiv gefördert.
Fragen
Den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern stellen sich vier grundsätzliche Fragen:
- Wollen wir eine Wohnbevölkerung von neun oder von zwölf Millionen Menschen in der Schweiz? Bringt eine Bevölkerung von zwölf Millionen mehr Lebensqualität oder weniger?
- Bremst die Ecopop-Initiative den Verbrauch von Ressourcen?
- Schaden wir mit einer Bevölkerungszunahme von nur noch 30'000 pro Jahr den weniger Privilegierten im Ausland? Handelt es sich um eine egoistische, ausländerfeindliche Initiative?
- Schadet ein begrenztes Bevölkerungswachstum der Wirtschaft? Wird der Wohlstand grösser und werden Arbeitsplätze sicherer, wenn die Schweiz zwölf Millionen Einwohner hat?
1. Lebensqualität
Die Dichte der Besiedlung entscheidet wesentlich über das Aussehen der Landschaften, die Qualität der Natur, die Artenvielfalt, die Nähe von Erholungsräumen, die Attraktivität als Touristenland und den Ablauf des täglichen Lebens. Im Empfinden vieler hat die jüngste Zunahme von 6 auf 8 Millionen Einwohner die Lebensqualität eher verschlechtert als verbessert. Manche sind der Ansicht, dass es sich mit sechs Millionen besser leben liess, und es sich mit künftig neun Millionen Einwohnern jedenfalls besser leben lässt als mit zwölf Millionen.
Kaum abzustreiten ist, dass ein derart extremes Wachstum der Bevölkerung wie in den letzten Jahren den Nährboden schafft für rechtspopulistische Propaganda, soziale und politische Konflikte.
2. Verbrauch von Ressourcen
Der Verbrauch von Naturgütern wächst. Das Naturkapital der Erde schrumpft. Die reiche Schweiz braucht dreimal mehr Rohstoffe und nicht erneuerbare Energie als die Erde regenerieren kann, wenn alle so leben würden. Es ist unmöglich, dass alle Chinesen, Inder und Afrikaner soviel Naturkapital nutzen wie wir.
Wenn wir unseren Verbrauch von Ressourcen reduzieren wollen, braucht es eine ökologische Steuerreform und Anreize für einen geringeren Konsum. Das bedeutet eine Abkehr vom Wirtschaftswachstum im bisherigen Stil. Für solche Massnahmen haben sich Initianten und Sympathisanten der Ecopop-Initiative eingesetzt, bisher leider vergeblich.
Die politischen Mehrheiten und die Wirtschaftsverbände haben eine Wende in Richtung ökologischer Steuerreform und Anreize für einen geringeren Konsum bisher stets verhindert. Im Gegenteil: Bei «schlechter Konsumentenstimmung» kurbelten sie den Konsum mit Subventionen und Steuererleichterungen an. Als Resultat verbrauchen die Einwohner der Schweiz eine Rekordmenge an Ressourcen, bedeutend mehr als Spanier, Portugiesen oder Kroaten.
3. Ströme von Armutsflüchtlingen
Eine Begrenzung der Einwanderung kann weder das weltweite Bevölkerungswachstum bremsen noch die Ströme von Armutsflüchtlingen verhindern. Allerdings: Beides vermag auch eine Schweiz mit offenen Grenzen für 10 oder 12 Millionen Einwohnern nicht.
Wer behauptet, die Ecopop-Initiative sei fremdenfeindlich, weil sie die reiche Schweiz egoistisch abschotten und Armutsflüchtlinge fernhalten wolle, muss konsequenterweise auch das Schengenabkommen mit ihren verbarrikadierten Grenzen nach aussen ablehnen. Das ist nicht der Fall:
- Die meisten Kritiker der Ecopop-Initiative finden das Schengenabkommen gut und akzeptieren, dass Europa ums Mittelmeer einen eisernen Vorhang errichtet.
- Die meisten Kritiker der Ecopop-Initiative stören sich nicht daran, dass Bauern in Afrika und Asien den Spekulationspreisen von Getreide-, Kaffee-, Kakao oder Baumwollbörsen ausgeliefert sind, während sie es für selbstverständlich halten, dass unsere Bauern von festen Preisen und Subventionen profitieren. Die fremden Bauern in Afrika behandeln sie als Menschen zweiter Klasse.
Diese Kritiker der Ecopop-Initiative sind nicht glaubwürdig, wenn sie den Initianten Fremdenfeindlichkeit vorwerfen.
4. Folgen für die Wirtschaft
Bei Wirtschaftsverbänden und bürgerlichen Parteien stehen andere Motive im Vordergrund. Sie wollen auf keinen Fall das Wachstum der Wirtschaft behindern. Beim Wirtschaftswachstum geht es um Umsätze und Gewinne. Dank grösserer Bevölkerung verspricht sich die Bauwirtschaft Aufträge für sechsspurige Autobahnen, mehr Hoch- und Tiefbauten. Detailhandel und Versicherungen möchten mehr Kunden und Kundinnen. Die Flughäfen und Fluggesellschaften wollen mehr Passagiere und Flüge. Die Energiekonzerne möchten mehr Strom, Heizöl und Benzin verkaufen.
Diese Konzerne und Lobbys wissen, um was es geht: Schon seit 1990 wächst die Bevölkerung stärker als das Bruttoinlandprodukt BIP pro Kopf. Mehr als die Hälfte des BIP-Wachstums kam nur wegen der Zunahme der Bevölkerung zustande. Die Ecopop-Initiative würde verhindern, dass die Wirtschaft ihre Umsätze weiterhin auf billigste Art erhöhen kann, nämlich einfach mit mehr Kundinnen und Kunden, die in der Schweiz leben.
«Deckelt man das Bevölkerungswachstum, wird die Wirtschaft stranguliert», erklärte Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch. Der Öffentlichkeit macht man Angst damit, es stünden Wohlstand, Arbeitsplätze und die AHV auf dem Spiel.
Falls jedoch die Wirtschaft tatsächlich nur mit einer wachsenden Bevölkerung rund laufen kann, und falls Arbeitsplätze und AHV nur mit immer mehr Einwohnern gesichert werden können, dann braucht es Antworten auf folgende Fragen:
- Ab wie vielen Millionen Einwohnern funktioniert das System ohne weitere Zunahme der Bevölkerung?
- Können Wohlstand, Arbeitsplätze und AHV noch gesichert werden, wenn die Schweiz eines Tages flächendeckend besiedelt ist? Falls ja: Warum geht es nicht schon heute?
In Deutschland nahm die Bevölkerung zwischen 2004 und 2012 jedes Jahr ab. Trotzdem wurde das Land zum Wirtschaftsmotor Europas.
Bilaterale Verträge
Und wie steht es mit der Kündigung und Neuverhandlung einiger bilateraler Verträge mit der EU? Die EU hat diese nicht aus Liebe zur Schweiz abgeschlossen, sondern aus mindestens so grossem Eigeninteresse. Verträge sind immer neu verhandelbar. Immerhin hat es das kleine Lichtenstein geschafft, bei der Personenfreizügigkeit eine definitive Ausnahme auszuhandeln.
Im Verhältnis mit der EU muss sich die Schweiz nicht darauf beschränken, nur Bruttosozialprodukt, wachsenden Konsum, Umsätze und Gewinne im Auge zu haben. Andere gesellschaftspolitische Werte wie das Erhalten von Natur und Erholungsräumen, kein Zwang zum raschen Ausbau der Infrastruktur, weniger soziale Konflikte und weniger Dichtestress können ein geringeres Wirtschaftswachstum kompensieren.
Die Alternative ist ein Pseudo-Alleingang mit «autonomem Nachvollzug» und mit der Unmöglichkeit, über eine so wichtige Frage zu befinden, ob die Schweiz in absehbarer Zukunft mit neun, zehn oder zwölf Millionen Menschen bevölkert sein soll. Wenn es bei diesem und bei andern Entscheiden aus wirtschaftlichen Zwängen keine Wahl mehr gibt, tritt die Schweiz besser der EU bei und kann dort wenigstens mitreden.
Abstimmungskampf verkommt zum Scheingefecht
Eine Schweiz mit acht Millionen Einwohnern sieht ganz anders aus als eine Schweiz mit zehn oder zwölf Millionen. Wie andere Initiativen löst die Ecopop-Initiative weder weltweite ökologische noch demographische Probleme. Weil aber Wirtschaftsverbände und Parteien die Initiative unisono ablehnen, verkommt der Abstimmungskampf zu einer oberflächlichen Stimmungsmache mit Schlagworten und Unterschiebungen. Es dominieren Totschlag-Argumente wie «brandgefährlich» (Monika Büttler), «verächtliche, neokolonialistische Haltung» (Balthasar Glättli) oder «kleinkariert, moralisierend und bigott» (Alexander Tschäppät).
So wird die Chance verpasst, sich mit der Bevölkerungsdichte, dem Wert von Natur und Lebensräumen, mit unserem Ressourcen-Verbrauch, dem sozialen Zusammenhalt und der Fremdenfeindlichkeit auseinanderzusetzen. Und die Chance wird verpasst, unsere Politik gegenüber Flüchtlingsströmen und Armut in deren Herkunftsländern zu hinterfragen. Das müssten vor allem jene tun, welche die Ecopop-Initiative als untauglich ablehnen. Sonst nehmen sie eine mit zwölf Millionen Menschen überfüllte Schweiz wegen kurzfristiger wirtschaftlicher Vorteile in Kauf, ohne damit ein Jota zur Bewältigung der weltweiten Herausforderungen beizutragen.
Quelle: http://www.infosperber.ch/Arti…erung-Bevolkerungszunahme
9 oder 12 Millionen Menschen in der Schweiz? 12Mio.!! bedeutet eine Zunahme von 50%, und das bei Allem !!
Besser wäre die Frage; 9 oder 6 Millionen Bewohner? Ich wäre für letzteres !
CHEERS