1:1 Übernahme Wallstreet / Swissquote Forum bzw. von FuW
Die an der SIX kotierte italienische Pharmagruppe wagt den Alleingang in den USA. Mit Methylene Blau MMX soll ein Milliardenmarkt erobert werden. Die Aktien sind trotz der letztjährigen Hausse nicht ausgereizt. Spekulationen, der Hauptaktionär von Cosmo (COPN 90 -1.1%) warte nur darauf, das an der SIX Swiss Exchange kotierte italienische Pharmaunternehmen an einen Konkurrenten zu veräussern, kursieren seit Jahren. Am Rande des Investorentags vom vergangenen Freitag am Unternehmenssitz in Lainate bei Mailand machte Patron Mauro Ajani gegenüber «Finanz und Wirtschaft» jedoch klar: «Mein Interesse zu verkaufen beträgt null.»
«So stark involviert wie vorher»
Die Frage, ob sein Entscheid, den Posten des CEO abzugeben und sich auf die Rolle eines Verwaltungsratspräsidenten «mit speziellem Fokus auf strategische Programme» zu konzentrieren, einen schrittweisen Rückzug bedeute, verneinte Ajani ebenso kategorisch. Der 59-Jährige, der Cosmo 1997 gegründet hat und via Cosmo Holding nach wie vor 50,1% des Kapitals kontrolliert, sagte, es ändere sich nichts. «Ich bin so stark involviert wie vorher.»
Mit der Ernennung des bisherigen Rechtsberaters Alessandro Della Chà zum CEO beginnt für Cosmo gleichwohl ein neuer Zeitabschnitt. Der 50-Jährige hat primär den Auftrag, den Aufbau einer Geschäftseinheit in den USA zu begleiten. Cosmo produziert zwar bereits zwei Medikamente, Lialda und Uceris (beide gegen die schwere Darmerkrankung Colitis ulcerosa), für den amerikanischen Markt, doch werden sie von Drittunternehmen (dem irischen Pharmakonzern Shire und der US-Gesellschaft Santarus (Santarus 0 0%)) vertrieben. Ihre beiden wichtigsten Produkte in der Entwicklung, Rifamycin SV MMX und Methylene Blau MMX, wollen die Italiener nun aber selbst vermarkten.
Kein Gehör für Schweizer Sitz
Zu diesem Zweck wird eine amerikanische Tochtergesellschaft gegründet, die aus Gründen der Steueroptimierung einer Einheit in Irland unterstellt ist. «Wir wären dumm, etwas derart Substanzielles, wie wir es in den USA aufbauen, in einer europäischen Struktur zu belassen», sagte Finanzchef Chris Tanner. Geplant ist, die amerikanische Geschäftseinheit dereinst separat an der US-Technologiebörse Nasdaq zu kotieren, wobei am Investorentag noch kein Datum dafür genannt wurde. «Wir verfolgen das Ziel, eine interessante Firma für US-Investoren zu werden», ergänzte Ajani und räumte damit ein, dass die italienische Herkunft und möglicherweise auch die Schweizer Kotierung von Cosmo Hindernisse im Anwerben amerikanischer Institutioneller sind.
Den Sitz für die Mutter der US-Tochter statt in Irland in einem Schweizer Niedrigsteuerkanton wie Zug anzusiedeln, kam für die Italiener nicht in Frage. «Die Schweiz figuriert nach wie vor auf einer schwarzen Liste Italiens», entgegnete der neue CEO Della Chà auf eine entsprechende Frage von FuW. Er fügte hinzu, dass unter diesen Umständen keine Gewähr bestanden habe, um Gewinne aus der Schweiz nach Italien zu repatriieren.
Mit den beiden bestehenden Produkten Lialda und Uceris kann Cosmo zufrieden sein. Das ältere Präparat Lialda verschaffte dem Unternehmen ein erstes Standbein im Geschäft mit Darmmedikamenten. Allerdings werden voraussichtlich im zweiten Quartal 2014 die 80 Mio. $ erreicht, die Cosmo maximal als Umsatzbeteiligung zustehen.
Uceris-Verkauf rasant gestartet
Umso grösser sind die Hoffnungen, die auf Uceris ruhen. Cosmo partizipiert hier nicht mit 4%, sondern mit bis zu 24% am Umsatz. Das Medikament soll ähnlich wie zuletzt Lialda geschätzte Gesamteinnahmen von 500 Mio. $ pro Jahr erreichen. Allerdings rechnet Cosmo mit einer schnelleren Verkaufsentwicklung. Die Zuversicht des Managements rührt daher, dass Lialda 2007 mit einem Umsatz von 50 Mio. $ gestartet war, während Uceris 2013 im ersten Jahr seit der Lancierung bereits auf einen Gesamtumsatz von knapp 70 Mio. $ kam.
Cosmo, deren Erlös gruppenweit gemäss vorläufigen Berechnungen 2013 mit 56 Mio. € beinahe auf dem Vorjahresniveau verharrte, rechnet bis 2015 mit einer Steigerung auf fast 160 Mio. €. Der Grossteil der Einnahmen dürfte dannzumal nach wie vor durch Uceris erwirtschaftet werden. Das grosse Geld hofft das Unternehmen dereinst jedoch mit Methylene Blau MMX zu verdienen.
Die Tablette ermöglicht Magendarmspezialisten, vor einer Darmspiegelung (Kolonoskopie) den Darm gleichmässig blau einzufärben. Wie Studien in Phase II ergeben haben, entdeckten Ärzte dadurch in Darmkrebs-Präventivuntersuchungen deutlich mehr Polypen, als im Standardverfahren unter weissem Licht üblich ist. Resultate der laufenden Phase-III-Studie sollen bis Ende 2014 vorliegen, was eine Marktzulassung im kommenden Jahr ermöglichen würde.
Konkurrenz schläft nicht
Eine Kolonoskopie kostet in den USA um 2800 $. Cosmo veranschlagt, für Methylene Blau MMX zwischen 200 und 300 $ pro Patienten zu verlangen. Angesichts von jährlich 15 Mio. Kolonoskopien allein in den USA würde sich dem Unternehmen vor diesem Hintergrund ein riesiges Absatzpotenzial eröffnen. Ob der erhoffte Milliardenumsatz Tatsache wird, hängt aber auch davon ab, ob nicht neue bildgebende Verfahren die Kolonoskopietechnik revolutionieren. An Weiterentwicklungen arbeitet eine Reihe von Optikkonzernen wie Pentax, Olympus und Fujifilm.
Vorläufig spült vor allem die Veräusserung einer seit 2008 aufgebauten und nun vollständig abgebauten Beteiligung an Santarus Geld in die Kasse von Cosmo. Dank eines Profits von insgesamt 185 Mio. $ stellt das Unternehmen für 2013 knapp 75 Mio. und für 2014 gut 100 Mio. € Vorsteuergewinn in Aussicht. 2015 sollen auf dieser Stufe 96 Mio. € verbucht werden. Bereinigt um einen Steuersatz von 40% würde daraus ein Gewinn von 4.60 Fr. pro Aktie bzw. ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 20 resultieren.
Die Cosmo-Titel sind auf dieser Basis kein Schnäppchen. Risikofähigen Anlegern, die die letztjährige steile Kurssteigerung verpasst haben, bietet sich aber nach wie vor die Chance zum Einstieg. Ein Erfolg mit Methylene Blau MMX ist in der Bewertung noch kaum eingepreist. Hinzu kommt, dass nur wenige Broker die Aktien auf ihrem Radar haben. Cosmo regt zum Träumen an.
Interview:
Lainate (awp) - Cosmo Pharmaceuticals hat sich vergangenes Jahr stark gewandelt: Uceris ist in den USA und Holland zugelassen worden, drei Produktkandidaten sind in Phase-III- und -II-Tests und aus dem Verkauf von Aktien des Lizenznehmers Santarus sind bisher 185 Mio USD zugeflossen. Dadurch eröffnen sich dem Unternehmen "neue strategische Optionen", wie sich Verwaltungsräts-Präsident und CEO Mauro Ajani in am Freitag in einer Mitteilung zum Forschungs- und Entwicklungstag in Lainate zitieren lässt. Im Gespräch mit AWP äussert sich CFO Chris Tanner zur aktuellen Lage des Unternehmens und den Zukunftsaussichten.
Interview: Roger Trüb (AWP)
AWP: Inwiefern eröffnen sich Cosmo nun neue strategische Optionen?
Chris Tanner: Wir verfügen nun über bedeutende finanzielle Mittel. Mit der Santarus-Transaktion haben wir einen viel höheren Ertrag erzielt, als wir antizipiert haben. Über die Zeit haben wir uns zudem neue Kenntnisse erarbeitet und Produkte stehen in Phase-III-Tests oder kurz davor. Deren Entwicklung ist finanziert. Deshalb haben wir eine Strategieänderung in Betracht gezogen und gründen nun mit Cosmo USA eine Vertriebsgesellschaft für Nordamerika.
AWP: Damit wagt sich Cosmo auf den weltgrössten Pharma-Markt...
CT: Ja, die USA sind bekanntlich der grösste Pharma-Markt und sie bieten auch entsprechend grosse Möglichkeiten. Besonders ist auch, dass wir wegen Lialda und Uceris in den US viel bekannter sind als anderswo. Über die neue Gesellschaft werden das Diagnosemittel Methylene Blau und Rifamycin zur Behandlung von Reise-Diarrhö und der Darmerkrankung Divertikulitis und zukünftige Produkte vermarktet.
AWP: Mit der Entscheidung, von Santarus im Rahmen des Lizenzabkommens von 2008 Aktien zu beziehen anstelle von Barzahlungen ist Cosmo ein Risiko eingegangen. Damals hat Cosmo damit auf Vorab- und Meilensteinzahlungen verzichtet - anders als die meisten Unternehmen. Dafür haben sie nun anstelle des Spatzen auf der Hand gleichsam die Taube vom Dach geholt oder 185 Mio USD netto in die Kasse...
CT: Wir haben an unsere eigenen Produkte Budesonide und Rifamycin sowie an Santarus als Vertriebsgesellschaft geglaubt. Damals im Jahr 2008 wäre es für uns als kleines Unternehmen nicht sinnvoll gewesen, das Risiko einzugehen, für ein Produkt in Phase II eine eigene Vertriebsgesellschaft zu gründen.
AWP: Cosmo bezahlt den Aktionären nun erstmals eine Dividende, 1 EUR je Aktie. Weshalb werden die Dividendenzahlungen aufgenommen und ist auch in Zukunft mit einer Ausschüttung zu rechnen?
CT: Wir wollen den Aktionären mit der Dividendenzahlung und dem Aktienrückkauf einen Teil ihres investierten Geldes zurückgeben. Mit der Dividende schütten wir insgesamt 15 Mio Euro aus und mit dem Aktienrückkauf geben wir ca. 45 Mio zurück, wenn die gesamten 4% der Aktien angedient werden. Wir planen zudem für die Zukunft eine stetige Dividende, sofern wir adäquate Ergebnisse erzielen.
AWP: Das Management gibt sich mit den Prognosen für die Jahre 2014 und 2015 optimistisch für weiteres starkes Wachstum. Inwiefern sind dabei Erlöse für Produkte dabei, die derzeit noch nicht auf dem Markt sind?
CT: Wir fühlen uns sicher genug, um Zahlen bekanntzugeben. Ich möchte jedoch deren Zusammensetzung nicht aufschlüsseln.
AWP: Sind die drei am weitesten fortgeschrittenen Forschungs- und Entwicklungsprojekte Methylene Blau, Rifamycin und das Akne- und Haarausfallmittel CB-03-01 im Plan?
CT: Methylene Blau ist absolut im Plan. Bei Rifamycin hat unser Lizenznehmer in der Europäischen Union - Dr. Falk - mit den klinischen Tests in Indien Verzögerungen erfahren wie andere Unternehmen auch. Die Behörden haben zusätzliche Anforderungen an die Versuchsdurchführung gestellt. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir die ersten Phase-III-Ergebnisse im ersten Halbjahr 2014 haben werden. Die Tests mit dem Aknemittel verlaufen planmässig und wir erwarten die Phase-II-Ergebnisse im März dieses Jahres.
AWP: Haben bisher institutionelle Anleger in Cosmo investiert?
CT: Es haben einige institutionelle Anleger aus den USA in unser Unternehmen investiert. Sie dürfen allerdings aus rechtlichen Gründen nicht am Aktienrückkauf-Programm teilnehmen. Als institutionell kann auch die Investment-Boutique AMG bezeichnet werden. Allfällige weitere, uns nicht bekannte institutionelle Anleger halten weniger als die meldepflichtigen 3%.
AWP: VR-Präsident und CEO Mauro Ajani konzentriert sich künftig auf das Verwaltungsratspräsidium. Was hat ihn dazu bewogen?
CT: Cosmo hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark gewandelt und entwickelt. Wir haben nun zwei Produkte in Phase III, gründen eine Vertriebsgesellschaft in den USA und sind immer noch dasselbe Management-Team. Allein mengenmässig kann Herr Ajani nicht mehr alles bewältigen. Gleichzeitig sind wir aber ein kleines, familienähnliches Unternehmen, wo das gegenseitige Vertrauen eine grosse Rolle spielt. Daher lag es nahe, bei bekannten Personen Unterstützung zu suchen. Der zukünftige CEO Alessandro Della Cha' begleitet Cosmo seit der Gründung und war bereits bisher in sehr vielen Angelegenheiten die rechte Hand von Herrn Ajani. Er war zudem auch der Vertreter von Cosmo im VR von Santarus und ist daher bestens mit US-Gepflogenheiten bekannt.
AWP: Die Cosmo-Aktie hat im vergangenen Jahr mehr als 170% zugelegt, dieses Jahr auch wieder über 10%. Wie beurteilen Sie den aktuellen Aktienkurs?
CT: Wir sind sicherlich erfreut. Wenn sie mich vor einem Jahr gefragt hätten, wo der Aktienkurs heute steht, hätte ich dies selbst in den kühnsten Träumen nicht zu erwarten gewagt. Die Aktienkursentwicklung widerspiegelt sicherlich zum Teil die Veränderung an den Aktienmärkten und, auf das Unternehmen bezogen, die unerwartete Santarus-Transaktion sowie die Zulassung von Uceris.
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Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 2015, da ist Methylene Blau nicht im Geringsten im Kurs enthalten, cosmo wird noch immer extrem unterschätzt. Cosmo veranschlagt, für Methylene Blau MMX zwischen 200 und 300 $ pro Patienten zu verlangen, wer rechnen kann, der kann sich vorstellen wohin die Reise führt!