weico hat am 29.08.2014 - 20:00 folgendes geschrieben:
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Ich nehme es den Menschen absolut nicht übel,dass sie sich den Arsch nicht für etwas (den Staat) aufreissen,mit dem sie sich nicht identifizieren können. Wer will schon in einen Konflikt ziehen,nur um die Besitztümer der verschiedensten Oligarchen zu verteidigen...?
Ich denke, die Zeit dieser "Oligarchen" ist am verblassen. Einige haben es bereits "gecheckt" und es wird ihnen genügen, einfache Milliardäre oder Multi-Millionäre zu sein.
Bei anderen ist das nicht so einfach. Schau auf den reichsten und mächtigsten, Achmetow, der nur existieren kann, wenn er Einfluss in Kiew hat. "Achmetow" ist ja nicht einfach "ein Mann" sondern ein System von Leuten aus Donezk, die zusammenhängen. Was diese möchten, ist, dass sie viel Autonomie erhalten, sei es in der Ukraine, alleine oder in Russland. Am liebsten ist ihnen innerhalb der Ukraine, denn dann müssen sie keine Sanktionen befürchten - als selbständige Territorien oder nach einer Annexion durch Russland wären vielleicht die wichtigsten Weltmärkte verschlossen (ca 1/3 nach RU, 1/3 nach West, 1/3 nach Rest).
Es könnte sein, dass das System Achmetow schon vorbei ist, denn wenn Kiew siegt und es Re-Privatisierungen der gestohlenen Assets gibt, dann verliert er viel, viele wollen ihn auch im Knast sehen; ähnlich in der Bewegung von Novorossiya, je mehr "Russen" von Russland reinströmen, desto schwieriger wird es für ihn werden. Auf der anderen Seite ist dieses System sehr stark im Donbass verankert und Putin wäre es auch recht, wenn er einen semi-autonomen Donbass kontrollieren könnte.
Donbass ist aber nicht genug für Putin. All dieses Theater um MH17, Satellitenfotos, das ist alles nebensächlich, denn für das russische Selbstverständnis ist der grösste Teil der Ukraine "Russland". Russland wird das nicht hergeben, sicher nicht wegen Sanktiönchen, SWIFT, etc. - exemplarisch heute Depardieu:
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http://www.leta.lv/eng/home/im…C-45EA-ADCA-7E34EB256092/
Depardieu was vague about his stance on Russia's involvement in Ukraine, saying that he "likes both Russia and the Ukraine - which is part of Russia."
Die russischen Hardliner wollen Novorossiya etablieren, koste es, was es wolle: Dugin will das Land von "Idioten" säubern, während Schirinowski vorschlägt, im Baltikum und Polen mit Nuklearschlägen zu demonstrieren, wie ernst es Russland sei. Dutzende mehr solcher Statements und zum Teil über die staatlich kontrollierten Medien verbreitet. Diese Hardliner sind nicht offizielle Line, sie sind aber oft die ersten Boten.
Was die Menschen in der Ukraine ein ukrainischer Staat wert sein wird, wissen wir nicht. Es wird aber auf keinen Fall einfach werden und es ist klar, dass Russland keine Eile hat und stufenweise je nach Situation Richtung Dnepropetrovsk, Saporoschschje, Kherson, Mykolaev und Odessa vordringen wird.
Es ist auch klar, dass der Westen (Osteuropa) maximal mit Waffenlieferungen helfen wird und dass die Ukraine Russland nicht militärisch besiegen kann. Der Widerstand in der Ukraine ist viel grösser, als man allgemein erwartet hat und die Kommandaten der Freiwilligenbatallione sagen längst, dass dies kein "kleiner Krieg wie in Afghanistan oder Tschetschenien" werden würde (mit sechsstelligen Todeszahlen) sondern ein "industrieller Krieg". Unklar ist, wieviele dann wirklich ihr Leben riskieren wollen, ich vermute, der Wille zum Kampf wächst graduell - auf novorussischer Seite ebenso. Durch den Konflikt ist das Oligarchenproblem in den Hintergrund getreten - auch in Russland.
Putin hat deutlich gemacht, dass er Novorossiya militärisch unterstützen wird und keinen Exit sucht.
Die Vernunft spricht für die Teilung am Dnjepr (ist auch auf den Karten bei Brzezinski oder Huntington so zu sehen) bringt aber ein Problem für jene "ethnischen Russen", die jenseits der russischen Welt leben möchten: sie würden logischerweise eine enorme Ablehnung erfahren, denn nie wieder möchte jemand eine "russische Minderheit" beherbergen, weil dann immer die Annexion durch Russland droht. Das verstehen viele "ethnische Russen" noch nicht, wenn ich ihnen erkläre, dass die Aufgabe ihrer Heimat für einen Umzug in die dann eigenständige Westukraine nicht sehr wahrscheinlich sein wird.
Bei all der Diskussion um "ethnische Russen" und "Panslawismus" ist es momentan etwas ironisch, dass mehr "ethnische Russen/Slawen" auf Seiten der Ukraine kämpfen als umgekehrt, weil auf der anderen Seite viele Kossacken und Kämpfer aus dem Kaukasus kämpfen.
Es wird also alles ein bisschen schwierig und nur ein fundamentaler Richtungswechsel in Moskau könnte das ändern, was aber nicht sehr wahrscheinlich scheint.