Valora
Alter Wein in neuen Schläuchen bei Valora
Die Kioske bleiben auch für die neue Führung ein Problem
Die Anzeichen mehren sich, dass sich Valora mittelfristig vom Distributionsgeschäft trennt. Zuerst muss die schwächelnde Kiosk-Division auf Vordermann gebracht werden.
Bei Valora haben die Getreuen des Financiers Adriano Agosti definitiv das Sagen. Aus dem Verwaltungsrat treten alle Mitglieder mit Ausnahme von Franz Julen zurück, der dem Vernehmen nach stets ein offenes Ohr für die Anliegen des umtriebigen Investors gehabt haben soll. Um den Neuanfang zu ermöglichen, räumt auch Konzernchef Peter Wüst seinen Platz, steht aber in einer Übergangsphase dem Unternehmen weiterhin zur Verfügung.
Zwar sind jetzt neue Leute am Ruder, aber strategisch bleibt vorerst alles beim Alten. Rolando Benedick, der neue VR-Präsident, spricht nach zweimonatiger Tätigkeit plötzlich von einer «kerngesunden» Valora. Noch im Herbst, als Agosti mit seinen Forderungen an die Öffentlichkeit getreten war, erweckten die Investoren den Eindruck, der Konzern stehe kurz vor dem Abgrund. In drei Jahren werde Valora ein florierendes Kioskgeschäft betreiben und in ein bis zwei Ländern zusätzlich tätig sein, fügt Benedick an. Partnerschaften werden dabei nicht ausgeschlossen.
Neuerdings nennt das Unternehmen für das schwierige Kioskgeschäft relativ bescheidene Margenziele beim Betriebsergebnis (Ebit). Man ist bereits damit zufrieden, wenn 2008 die Spanne von derzeit mageren 1,2% auf 1,4 oder 1,5% steigt. Im gleichen Stil soll es in den nächsten Jahren weitergehen. Im Kampf um Valora, der zum Sturz von VR-Präsident Fritz Ammann führte, hatte Agosti noch verkündet, dass die Firma in diesem Segment eine Marge von 4% erzielen müsste. Dieser Wert scheint auch für die neue Leitung in weite Ferne gerückt zu sein.
Sobald sich die finanzielle Lage verbessert hat, soll der Umbau von Valora weiter vorangetrieben werden. Einiges deutet darauf hin, dass in ein bis zwei Jahren das Distributionsgeschäft (Division Trade) abgestossen wird. Dies ist von Firmenkennern zu hören. Trade zähle nicht zum eigentlichen Kerngeschäft, das die Divisionen Retail und Media umfasst. Mit dem Juristen Bernhard Heusler wird an der nächsten Generalversammlung jedenfalls ein Mitglied zur Wahl in den Verwaltungsrat vorgeschlagen, das über grosse Erfahrungen in den Bereichen Fusionen und Akquisitionen verfügt.
Benedick gibt sich auf Anfrage bezüglich der mittelfristigen Strategie bedeckt. «Valora steht derzeit auf drei Beinen. Wir wollen auch mit dem Bereich Trade weiterwachsen.» Prinzipiell sei bei Valora jedoch vieles möglich. Das Verteilgeschäft von Lebensmitteln und Nonfood-Artikeln erwirtschaftete im letzten Jahr einen um 6% höheren Umsatz von 791 Mio. Fr. Zur Sparte zählen auch fünf Produktionsbetriebe, deren Verkauf sich wegen der Turbulenzen um den zurückgetretenen VR-Präsidenten Ammann weiter verzögert. Benedick rechnet damit, dass die Transaktion in den nächsten Wochen abgeschlossen werde. Als Käufer kommt wohl nur noch eine Finanzgesellschaft in Frage. Die Bank Vontobel schätzt, dass Valora mit dem Verkauf rund 120 Mio. Fr. lösen wird.
Benedick muss nach Verhandlungen von mehr als einem Jahr nicht nur Kägifret, Roland und Co. abstossen, sondern auch einen Nachfolger für den abtretenden CEO Peter Wüst finden. Die Suche nach dem geeigneten Mann wird schwierig. Doch der VR-Präsident besitzt genaue Vorstellungen vom Profil des neuen Managers: «Er soll ein guter Teamplayer und Kommunikator sein sowie über gute Beziehungen verfügen.» Benedick erwartet zudem, dass die gesuchte Person dem Unternehmen neue Impulse vermitteln und die Mitarbeiter gezielt fördern könne. Die Besetzung dieses Postens hat für Benedick erste Priorität, obwohl er zusätzlich einen Chef für die Sparte Retail braucht. Dies scheint ihm wenig Sorgen zu machen, erklärt Benedick doch: «Ich habe bereits zwei, drei Namen von möglichen Kandidaten im Kopf.»
Quelle: NZZ am Sonntag