Erträge
@Swissrain; Genau, diese Beziehungen sind simple Ökonomie mit ihren Grundsätzen, die viele nicht verstehen. Diese Beziehungen gelten auch bei anderen Anlagewerten wie Immobilien. Sinken die Zinsen, gewinnen Immobilien tendenziell an Wert, steigen die Zinsen, verlieren Immobilien tendenziell an Wert. In den letzten Jahren haben Immobilien in der Schweiz sehr stark an Wert gewonnen. Würden die Zinsen nun steigen, staucht dies die Rendite relativ zum Zinssatz zusammen, wodurch Immobilien an Wert verlieren. Die Gefahr besteht nun darin, dass wenn bspw. ein junges Paar eine Immobilie für 1370kCHF (derzeit durchschnittlicher Preis eines Einfamilienhauses) erwirbt und Eigenmittel in Höhe von 20% aufbringt, bzw. 274 kCHF. Durch die niedrigen Zinsen sind die Immobilienpreise enorm gestiegen, im Jahr 2020 um 9%. Verlieren nun Immobilien an Wert wird diese neu bewertet. Die Hypothek in Höhe von 1096kCHF bleibt jedoch weiterhin bestehen. Sinkt der Wert der Immobilie um 20%, müsste das junge Paar der Bank Mittel in Höhe von 20%*1096kCHF = 219kCHF nachschiessen, um den Eigenmittelanteil von 20% wieder decken zu können. Dies ist der technische Hintergrund kurz zusammengefasst, warum in letzter Zeit von «potentiellen Immobilienblasen» in den Medien berichtet wurde. Die Banken sind sich dieser Gefahr bewusst, wodurch Massnahmen wie höhere Eigenmittelquoten getroffen werden bei neuen Immobilienkäufen.
Diese Beziehungen können allerdings bei Anlagegütern wie Edelmetalle oder Kryptowährungen nicht angewendet werden.
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Um noch einen Schritt weiterzugehen, stellt sich natürlich die Frage welche Parameter man bei der Unternehmungsbewertung als Ertrag annimmt. Ich verwende hierbei meine «owner earnings», welche sich aus den zukünftigen operativen Cash Flows, abzüglich der Investitionen in immaterielle Vermögenswerte und Sachanlagen (ohne Immobilien und Grundstücke), abzüglich der zukünftigen Zinsausgaben, zuzüglich der zukünftigen Zinseinnahmen ergeben.
Ich habe vor ein paar Monaten einen interessanten Artikel dazu in der FuW gelesen «die Krux mit dem KGV». Dort wurde u.a. eine EBITDA Bewertungsmethode aufgeführt, die gut sein soll. Bei Unternehmen, die mit einem hohen EBITDA werben, sollte man allerdings sehr vorsichtig sein. Vor allem kleinere Unternehmen frisieren dieses oft, ein bekanntes Beispiel war bspw. Worldcom (Worldcom war relativ gross). Dabei handelt es sich teilweise gar um Grauzonen, welche nicht wirklich strafbar sind. Die Manipulation kann u.a. zustande kommen, indem Betriebsaufwendungen wie bspw. laufende Forschungsaufwendungen als Investition verbucht werden. Dadurch steigt direkt der EBITDA um diesen Betrag. Im Cashflow Statement steigt parallel dazu auch der operative Cashflow um denselben Betrag. Da das ganze am Ende natürlich aufgehen muss, nehmen wiederum die Mittelabflüsse im Cashflow aus Investitionstätigkeiten um denselben Betrag zu, meist unter dem Posten «Investitionen in immaterielle Vermögenswerte und Sachanlagen». Diese Investitionen werden dann wiederum in der Bilanz aktiviert und in den darauffolgenden Jahren abgeschrieben. Kurzfristig wird dadurch auch das EBIT künstlich erhöht. Kennzahlen wie das EBIT können bspw. durch Wertaufholungen von Vermögenswerten als besser dargestellt werden.
Eher schwierig für Aussenstehende zu überprüfen sind Manipulationstechniken wie bspw. das Verbuchen von Umsätzen zum gegenwärtigen Zeitpunkt, die allerdings erst in der Zukunft abgewickelt werden. Wird dies im grossen Stil gemacht, kann dies u.a. an den Forderungen erkannt werden. Normalerweise wird alles über 180 Tage bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen wertberichtigt. Sind nun die Forderungen in einem Extremfall höher als die Hälfte des Jahresumsatzes, stimmt in der Regel etwas nicht. Im Cashflow Statement fällt dies wiederum auf, da die Mittel nicht während der Berichtsperiode fliessen, es sei denn, die Konten werden gefälscht.
Derartige Techniken stellen die Ertragslage des Unternehmens, gemessen an Kennzahlen wie EBIT und EBITDA deutlich schöner dar, als sie es tatsächlich sind. Es wird zwar nichts gefälscht, aber manipuliert. Manchmal gibt es gar Fälle in denen Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten fallen, obwohl stets ein hohes EBITDA ausgewiesen wurde.
Um sich sicherer zu sein, kann man sich in der Regel auf das Cashflow Statement des Unternehmens verlassen. Im Gegensatz zum EBITDA oder EBIT, sind im Cashflow Statement nur die Mittelflüsse enthalten, welche während der Berichtsperiode tatsächlich fliessen. Am Ende des Cashflow Statements steht um welchen Betrag die flüssigen Mittel zu oder abnehmen. Wenn dieses manipuliert wird, hat das Unternehmen massiv betrogen, da bei dessen Manipulation die Konten gefälscht werden müssten.
Man sollte sich auch die Tochterunternehmen des Unternehmens anschauen. Bei Manipulationen werden oft Tochterunternehmen dafür verwendet (u.a. um beim Auffliegen rechtlich besser dazustehen). Wenn bspw. ein einzelnes Tochterunternehmen für fast alle Gewinne verantwortlich ist, kann in der Regel etwas nicht stimmen. Dies ist bspw. bei der Grenke Leasing AG der Fall, das Tochterunternehmen in Dublin ist seit Jahren für einen Grossteil der Gewinne verantwortlich (teilweise würde ohne diese Tochter gar ein Verlust resultieren), was sehr suspekt erscheint. Die anderen Tochterunternehmen machen zu einem nicht unerheblichen Anteil gar Verluste. Man könnte jetzt argumentieren, dass dies aufgrund der Steuern so ausgewiesen wird. Dies würde zwar Sinn ergeben, wäre in dem Ausmass allerdings nicht möglich. Eine weitere Ungereimtheit ist die hohe Profitabilität, im Gegensatz zu Konkurrenten. Mitverantwortlich dafür sind u.a. die sehr geringen Abschreibungen. Bei Veräusserungen von Vermögenswerten entstanden in der Vergangenheit gar Verluste, aber eigentlich geht es mir eher um Abschreibungen auf Forderungen, welche teilweise komplett fehlen. Mein persönlicher Favorit ist aber die Cashflow Rechnung. Trotz sinkendem Umsatz im Jahr 2020 nahm der operative Cashflow von 147 Mio. € auf 586 Mio. € enorm zu. Erklärt wird dies anscheinend mit dem Erhalt von Leasingrückzahlungen in der Periode. Mein Verdacht ist jedoch, dass der hohe operative Cashflow aus der Erhöhung des Einlagevolumens bei der Grenke Bank in der Berichtsperiode stammt. Wie üblich werden diese dann als operativer Cashflow gezeigt anstatt als Finanzierungscashflow, da ist Wirecard ja noch ein Paradebeispiel. Meine Vermutung ist, dass diese Gelder zwar existieren, aber vom freien Zugriff von Grenke geschützt sind. Dies erklärt meiner Meinung nach auch die ständige Aufnahme von frischem Kapital zum Kauf von kleinen Tochterunternehmen. Da die Bank allerdings nicht separat ausgewiesen wird, kann man dies auch nicht überprüfen.
Allgemein betrachtet sind Unternehmen in der Finanzbranche (jedenfalls für mich) nicht investierbar.
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ams-Osram
Bei ams-Osram ist das Geschäftsmodell (auch in Bezug auf Mittelflüsse und Tochterunternehmen) viel einfacher zu verstehen. Der operative Cashflow macht nicht derartige Sprünge und suspekte Bewegungen im Verhältnis zu den Umsätzen, es gibt kein kompliziertes und unregelmässiges Konstrukt aus dutzenden Tochterunternehmen. Der Gewinn ist momentan vor allem durch die Abschreibungen betroffen. Diese werden drastisch abnehmen, wie ich bereits beschrieben habe. Die Ausgaben für Investitionen sind im Verhältnis zum operativen Cashflow sehr gering.
Übrigens, der Verkauf des Continental Joint Ventures sollte die Erträge hochtreiben, was nicht zu unterschätzen ist. Seit Beginn dieses gemeinsamen Projekts entstanden dadurch nur hohe Verluste (so um die 100 Mio. $ pro Jahr im Durchschnitt). Welcher Preis beim Verkauf dieses Bereichs erzielt werden kann spielt mir keine Rolle, wenn man bedenkt, dass dies bei der geringen Grösse einen so grossen Einfluss auf die Erträge hatte. Der Verkauf von Digital Systems in Nordamerika wird sich nicht erheblich auf das Eigenkapital auswirken. Der verkaufte Bereich erzielte einen Umsatz von 150-170 Mio. $.
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Die derzeitige Schwäche im Markt wird offenbar durch Zinsängste ausgelöst, da die Fed bekannt gab, evtl. noch dieses Jahr mit den Anleihekäufen herunterzufahren. Dadurch passiert mit den Aktien genau das, was ich in meinem letzten Kommentar geschrieben habe. Ich habe mal einen Artikel gelesen, dass dies besonders schlecht sein soll für ams-Osram, aufgrund der hohen Schulden. Nun ist es aber so, dass 95% der Schulden von ams-Osram Festverzinst sind (wie bereits mehrfach erwähnt, schon nur ein kurzer Blick in einen Geschäftsbericht würde auch einer Zeitung nicht schaden^^).