MeyerBurger MBTN
Hier ein aktueller Artikel aus der heutigen FuW:
"Meyer Burger im Hoch
Solaraktien sind teuer – Gewinne realisieren
Unternehmen aus der Solarindustrie stehen seit längerem im Fokus der Investoren. Die Aktien Q-Cells haben sich im laufenden Jahr mehr als verdoppelt. Eine ähnlich stolze Performance verzeichnen Solarworld. Die Titel des kleinen Westschweizer Unternehmens 3S sind im selben Zeitraum um über 500% gestiegen. Meyer Burger glänzen sogar mit einer Verzehnfachung des Emissionspreises – und das in elf Monaten. Der erwartete Boom in der Branche steht indes erst bevor.
In China gibt es ein Projekt für eine Fabrik mit einer Jahresleistung von 1,6 Gigawatt. Eine solche Fabrik hat einen Bedarf von 16 000 t Silizium pro Jahr. Das entspricht dem Volumen, das 2006 weltweit der Solarindustrie zur Verfügung stand! Hersteller von Solarpaneelen rechnen mit einer kräftig steigenden Nachfrage ab 2009. Die dafür nötigen Produktionskapazitäten werden im nächsten Jahr aufgebaut. Die Bestellungen an die Zulieferer laufen bereits. Meyer Burger berichtete vor kurzem von einem Auftrag über 180 Mio. Fr. Das entspricht mehr als dem zweifachen im Jahr 2006 erzielten Umsatz.
Anteil Solarstrom steigt deutlich
Getrieben wird die Industrie durch die Erwartung, dass die Kosten pro Watt installierter Leitung markant sinken. Sobald der Solarstrom die Parität zur normalen Stromherstellung erreicht, wird die Nachfrage nach dieser Energieform sprunghaft zunehmen. Heute wird der Markt durch staatliche Einspeisevergütungen verzerrt. Diese werden in den nächsten Jahren indes sukzessive reduziert. Die Industrie muss sich deshalb auf eine subventionslose Zeit einrichten. Die Branche geht davon aus, dass der Anteil der Solarstromproduktion im Jahr 2020 rund 5% erreicht. Damit wäre Solarstrom eine Alternative im Energiesektor.
Schon heute ist absehbar, dass die Branche einen Industrialisierungsprozess durchlaufen wird. Vielen kleineren und mittelgrossen Unternehmen wird es nicht gelingen, die Kosten zu optimieren. Das zeigt folgendes Beispiel: Wenn ein Produktionsschritt um zwei Sekunden verkürzt werden kann, erlaubt das in einem Werk mit einem Ausstoss von einem Gigawatt, auf ein Jahr gerechnet, die Einsparung von 83 Personen. Meyer Burger hilft, die Prozesskosten anderweitig zu senken. Das Unternehmen entwickelt Drahtsägen zum Schneiden der Siliziumblöcke. Dabei geht es darum, das teure Rohmaterial möglichst effizient zu schneiden. Deshalb wird geforscht, wie die Breite der Sägen sowie die Dicke der einzelnen Zellen reduziert werden kann.
Wer montiert die Paneele?
Die grosse Herausforderung der Industrie wird aber schon bald die Masse der hergestellten Solarpaneele sein. Früher basierten die Studien auf der Verfügbarkeit von Silizium. Heute wird vermehrt analysiert, in welche Märkte die Volumen fliessen und ob genügend Kapazitäten für die Installation auf Dächern oder Solarfarmen vorhanden sind. Peter Pauli von Meyer Burger erwartet, dass es in der Montage zu Engpässen kommen wird. Das Problem wird verstärkt durch den Trend zur Dünnfilmtechnologie. Oerlikon ist in diesem Segment gut positioniert. Ihre Paneele sind günstiger pro Flächeneinheit. Für die Installation der Zellen ist der Aufwand indes gleich gross wie mit kristallinen Solarzellen.
Der Investor sollte der Entwicklung in der Branche mit gebührender Vorsicht begegnen. Die Industrie steckt in einem Hype. Die Börse nimmt viel Hoffnung bereits vorweg. Werden die Erwartungen nicht erfüllt, ist mit heftigen Reaktionen der Finanzmärkte zu rechnen. Ein Imageverlust wäre die Folge. Pauli ist mit Blick auf ein solches Szenario denn auch besorgt. Er weiss, dass sich ein Unternehmen gegen Übertreibungen der Börse kaum wehren kann.
Mit Blick auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis 2008 sind die Aktien Solarworld (KGV 34) und Q-Cells (KGV 44) derzeit teuer. Deutlich günstiger sind Ersol mit einem KGV von 17. Die Valoren Oerlikon haben in den letzten Wochen von der steigenden Nachfrage nach Solartiteln profitiert. Das Unternehmen ist auf Dünnfilmverfahren spezialisiert. Der Marktdurchbruch in diesem Segment wird für das nächste Jahr erwartet. Meyer Burger wird den Gewinn im Jahr 2008 gegenüber 2006 voraussichtlich um 600% auf 38 Mio. Fr. ausweiten. Das auf den ersten Blick hohe Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 signalisiert viel Optimismus der Anleger. Den Kursgewinn, zumindest teilweise, realisieren kann so gesehen kaum falsch sein. DH
Peter Pauli, CEO Meyer Burger, über Wachstum und die hohe Bewertung an der Börse
«Wir sind kein Schnäppchen»
Der Maschinenbauer Meyer Burger wird an der Börse mit 1,18 Mrd. Fr. bewertet. Im Rahmen des Börsengangs im November 2006 waren es erst 115 Mio. Fr. gewesen. Geschäftsleiter Peter Pauli beurteilt die Kursentwicklung kritisch: Der Börsenwert repräsentiere nicht den derzeitigen Wert des Unternehmens, sondern nehme viel von der Zukunft vorweg. Pauli leitet Meyer Burger seit 2002. Nach einer Lehre als Maschinenschlosser bildete er sich zum Ingenieur FH aus und schloss ein Nachdiplomstudium als Wirtschaftsingenieur ab.
——Herr Pauli, seit dem Börsengang im Herbst 2006 sind die Aktien Meyer Burger um 1000% gestiegen. Ist das ein Hype?
Das kann ich nicht beurteilen. Es liegt in der Hand der Analysten und der Investoren, wie sie uns von aussen bewerten.
—— Gibt es Parallelen zwischen Kursentwicklung und operativem Geschäft?
Die jüngsten Kursavancen kann ich mit der Geschäftsentwicklung nicht in Einklang bringen. Sicher haben wir mit der letzten Meldung eines Auftrags über 180 Mio. Fr. Erwartungen geweckt. Doch dieses Volumen erstreckt sich bis ins Jahr 2010. So gesehen ist der Umsatz zu relativieren. Andere Kunden bestellen kleinere Tranchen in kürzeren Zeitabschnitten. Der erwähnte Grosskunde rechnet damit, dass es im Bereich der Solarzulieferer zu Engpässen kommen könnte. Mit dem Auftrag über 180 Mio. Fr. hat er seine Bedürfnisse abgesichert.
—— In einer neuen Studie fixiert Goldmann Sachs für Meyer Burger ein Kursziel von 550 Fr. Ist diese Bewertung realistisch?
Das stimmt mich schon nachdenklich. Vor kurzem berechneten Analysten ein Kursziel um 200 Fr. Dann waren es plötzlich 300 Fr. Das Unternehmen hat sich nicht wesentlich verändert. Warum soll es heute über 1 Mrd. Fr. wert sein? Ich bin nicht Fachmann, um das zu bewerten. Eine Publikumsgesellschaft muss jedoch damit umgehen können, dass die Börse sie anders sieht als man selbst.
—— Meyer Burger ist und bleibt ein Maschinenbauunternehmen.
Das ist so. Wir profitieren heute lediglich von unserer historisch bedingten Ausrichtung auf den Solarmarkt.
—— Mit welchen Betriebsgewinnmargen rechnen Sie?
Wir gehen von einer Marge von 12 bis 14% aus. Wenn alles optimal läuft, können es auch einmal 14 bis 16% sein. Doch das ist nicht unser Ziel. Wer heute eine Marge um 25% ausweist, sieht sich sehr schnell mit neuen Konkurrenten konfrontiert. Wir machen keine Preistreiberei. Früher hat der Kunde fünf Maschinen bestellt. Heute sind es fünfundzwanzig. Da verlangt er einen Preisnachlass. Zudem gibt es in der Branche einen Wettbewerb. Wir wollen uns im Markt langfristig positionieren, um in Zukunft weiterhin interessante Zuwachsraten verzeichnen zu können.
—— Mit welchem Szenario rechnen Sie?
Die Branche entwickelt sich entlang der Verfügbarkeit des Siliziums. Heute gibt es Schätzungen bis zum Jahr 2012. Auf der anderen Seite ist relevant, wie sich die Produktionskosten senken lassen und die Effizienz der Solarmodule verbessert werden kann. Sobald Solarstrom gleich teuer ist wie herkömmliche Energie, also die Grid-Parität erreicht ist, wird die Nachfrage nach Solarprodukten sprunghaft steigen.
—— Könnte das für die Solarproduktion nötige hochreine Silizium aufgrund der rapid steigenden Nachfrage das Wachstum der Branche bremsen?
Die Situation hat sich in den letzten Monaten entspannt. Silizium bleibt vorläufig aber ein knappes Gut, sicher bis 2012. Das ist auch gut so. Die knappe Verfügbarkeit wirkt als Dämpfer für die Branche. Sonst würden wahrscheinlich noch mehr Projekte in die Wege geleitet.
—— Wie agiert Meyer Burger in diesem Marktumfeld? Werden alle Langfristaufträge angenommen?
Es gibt verschiedene Parameter, die es zu beachten gilt. Wir planen unsere Kapazitäten und richten uns auf Wachstum aus. Im Gespräch mit Kunden sind Themen wie Siliziumverfügbarkeit und Substanz des Unternehmens relevant. Wir haben in der Vergangenheit auch schon nur Teile von grösseren Aufträgen übernommen, um Risiken zu verteilen. In China zum Beispiel achten wir darauf, dass wir uns möglichst breit abstützen.
—— Welches sind derzeit die grossen operativen Herausforderungen?
Das sind ganz klar die Beschaffung und die Zulieferung. Wir haben viele Partner, die schon seit Jahren mit uns arbeiten, jetzt aber mit unserem Wachstum nicht mehr mithalten können.
—— Werden Kapazitäten ausgelagert?
Klar wäre es der Wunsch, gewisse Elemente näher am Kunden zu positionieren, zum Beispiel in Asien. Ich möchte aber mit aller Deutlichkeit festhalten, dass wir keine Auslagerung der Produktion planen. Einzig die Auslagerung gewisser Nebenprodukte an unsere Zulieferer ist sinnvoll.
—— Gibt es irgendwelche Hinweise, dass Meyer Burger eine Übernahme droht?
Gerüchte gibt es genügend, konkrete Hinweise aber keine. Der Börsenkurs sagt alles. Wir sind kein Schnäppchen mehr.
—— Meyer Burger will zukaufen. Welche Akquisitionsprojekte sind vorhanden?
Wir wollen das Unternehmen breiter abstützen. Das geht über neue Produkte oder auch über eine Verbreiterung der Fertigungstechnik. Wir wollen andere Technologien integrieren und entlang der Wertschöpfungskette wachsen.
—— Mit dem hohen Kurs an der Börse wäre der Zeitpunkt ideal, um eigene Aktien als Akquisitionswährung einzusetzen.
Das ist nur die eine Seite. Die Bewertung der Gesellschaften in der Solarindustrie, an denen wir ein Interesse haben könnten, ist ebenfalls gestiegen. Da wird ein Verhältnis Ebit zu Preis von 20 und mehr verlangt, oder der dreifache Umsatz.
—— Sie verfügen über ein Aktienpaket von 5,85%. Wollen Sie Aktien verkaufen?
Mein gesamtes Vermögen steckt in Meyer Burger. Ich habe das immer als Zeichen meines Engagements gesehen. Jetzt überlege ich mir, meine Position ein wenig abzubauen. Interview: Beat D. Hebeisen"