«Roche hat eine vorübergehende Schwäche»
Im Pharmasektor jagt eine Grossübernahme die andere. Was dies für Aktien-Bewertungen bedeutet und weshalb sich Novartis und Roche unterschiedlich entwicklen, sagt Adamant-CEO Cyrill Zimmermann im cash-Video-Interview.
Von Daniel Hügli
Die Übernahmewelle im Pharmabereich nimmt kein Ende. Der letzte grosse Mega-Deal: Die Übernahme von Hospira durch den US-Pharmagiganten Pfizer. Der Viagra-Hersteller will sich den Kauf seines Konkurrenten 17 Milliarden Dollar kosten lassen, wie vor einem Monat bekannt wurde.
Hospira stellt auch sogenannte Biosimilars her. Das sind Nachahmerprodukte für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel. Die Pharmabranche bemüht sich verstärkt um die Entwicklung solcher Biosimilars, um Kosten zu sparen. Dass Pfizer einen solchen-Biosimilar-Hersteller kauft, nährte Hoffnungen und Spekulationen im Markt, dass Biosimilars das neue grosse Ding im Pharma-Markt werden.
Novartis-Aktie profitiert
"Auch Novartis profitierte vom Bereich Biosimilars und dieser Übernahme", sagt Cyrill Zimmermann, CEO von Adamant und zukünftig Verantwortlicher für die Health-Care-Fonds bei Bellevue Asset Management, im cash-Video-Interview. Denn Sandoz, die Generika-Einheit von Novartis, könnte in Zukunft zu einem grossen Player im Biosimilar-Markt werden. Dass gab auch der Novartis-Aktie vor einem Monat etwas Schub.
Novartis wurden von den Behörden bereits drei Biosimilars bewilligt, fünf weitere sind in der Studienphase drei, welche die für die Zulassung entscheidenden Daten zum Wirksamkeitsnachweis bringen sollen. Langjährige Investitionen bei Sandoz in das Geschäft mit Biosimilars würden ab 2015 beginnen, Früchte zu tragen, und zu einer markanten Umsatz- und EBIT-Margensteigerung führen, prophezeien denn auch die Analysten der Zürcher Kantonalbank (ZKB).
Bewertugen "sehr fair" geworden
Für Zimmermann von Adamant - die ZKB hatte die Firma Ende des letzten Jahres an die Bellevue-Gruppe verkauft - ist der "Hype" um Biosimilars ein Beispiel dafür, wie der ganze Pharma-Markt "etwas neu aufgemischt" wird. "Einige Firmen entwickeln sich mehr in Richtung Generika, andere in Richtung Biotech."
Aufgemischt wurden in den letzten Jahren im Zug der Übernahmewelle im Pharmasektor auch die Aktienkurse. Pfizer konnte seinen Aktienkurs seit Anfang 2009 mehr als verdreifachen, der Titel von Novartis hat sich seit Mitte 2012 verdoppelt. Was dazu führt, dass die Bewertungen heute "auf der sehr fairen Seiten liegen", wie Zimmermann mit einem Schmunzeln betont.
Tatsächlich ist Novartis mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 25 für das Jahr 2014 alles andere als ein Schnäppchen für Aktionäre. Dennoch hält ein Analyst von Citigroup die Aktie von Novartis noch immer für unterbewertet. Er geht davon aus, dass der Markt die Umsätze und die Gewinne von Novartis für 2016 und darüber hinaus noch unterschätzt. Er hat ein Kursziel von 105 Franken für die Aktie herausgegeben (derzeit: 95 Franken).
Novartis liegt in der Investorengunst im Vergleich zum Konkurrenten Roche noch immer klar vorne. Bereits 2014 schlug die Novartis-Aktie mit ihrer Kurssteigerung (30 Prozent) den Genussschein des Rivalen (8 Prozent) deutlich. Auch in diesem Jahr bleibt die Rollenverteilung die gleiche: 6 Prozent Plus bei Novartis (und dies bereits mit Dividendenabschlag) gegen 3 Prozent Minus bei Roche.
Enttäuschungen bei Roche
Auch Roche hat eine vielversprechende Biosimilar-Pipline. "Doch bei Roche gab es auf Produkteebene einige leichte Enttäuschungen", erklärt Zimmermann im cash-Video die Kursschwäche von Roche. Nach den Jahresresultaten haben viele Analysten die Schätzungen deutlich reduziert. JPMorgan etwa senkte nach Zahlen das Kursziel für die Genussscheine von Roche auf 270 von 300 Franken (derzeit: etwa 260 Franken).
Ein Rückschlag für Roche war im letztem September auch der sofortige VR-Austritt des Genentech-Stars und Apple-Präsidenten Arthur Levinson, der im Biotechsektor einen Status hält wie Steve Jobs in der Tech-Branche. Levinson will mit Google in der neu gegründeten Firma Calico neue Medikamente gegen Krebs und degenerative Krankheiten finden. Levinson könnte Roche beziehungsweise Genentech wichtige Leute abwerben.
Der «Bon» bleibt attraktiv
Für Zimmermann ist Roche aber weiter ein Aktien-Favorit. Man merke eigentlich erst heute, weshalb Roche Genentech übernommen habe. Roche stieg bei Genentech 1990 ein, trug lange Jahre Verluste mit und übernahm die kalifornische Firma 2009 ganz. Seither haben sich bei Roche die Akzente noch mehr in Richtung Krebsmittelforschung- und -verkäufe verschoben. Fünf der weltweit zehn meistverkauften Krebsmedikamente stammen vom Basler Pharmakonzern.
"Roche spielt eine grosse Rolle im Bereich der Immun-Onkologie", sagt Zimmermann. Roche sei generell gut ausgerichtet. Das Lahmen des Kurses des Genusscheines bezeichnet Zimmermann als "vorübergehende Schwäche".
Für Roche spricht mittlerweile auch die Ausschüttungspolitik. Die Dividende wurde heuer zum 28. Mal in Folge erhöht, die Rendite beträgt drei Prozent. Das ist zwar kein absoluter Spitzenwert im Vergleich zu anderen Schweizer Aktien, aber weit mehr als früher, als die Pharmaunternehmen den Ruf als Dividendenknauserer hatten.
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