Moutier BE will Kanton wechseln - Projurassier feiern ausgelassen
Die bernjurassische Kleinstadt Moutier will sich dem Kanton Jura anschliessen. Mit 2114 Ja- gegen 1740 Nein-Stimmen sprachen sich die Stimmberechtigten am Sonntag für den Kantonswechsel aus. Der Bund und die zwei Kantone sehen damit die Jurafrage als abgeschlossen an.
28.03.2021 19:41
Tausende Projurassier feierten das Ergebnis am frühen Abend auf dem Bahnhofplatz von Moutier. Die Menschen lagen sich in den Armen, Knallpetarden wurden gezündet. Corona-Regeln wie die Maskenpflicht und das Abstandhalten wurden nur von einer Minderheit beachtet, wie Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort feststellten.
Justizministerin Karin Keller-Sutter würdigte in einer Erklärung den demokratischen Prozess in Moutier. "Die Lösung der Jurafrage geht als Beispiel für gelebte Demokratie in die Geschichte des Bundesstaates ein." Der Entscheid des Stimmberechtigten von Moutier sei "der letzte Schritt, um die Jurafrage mit friedlichen Mitteln beizulegen".
Klares Verdikt
374 Stimmen machten den Unterschied, fast dreimal mehr als beim ersten, später annullierten Urnengang vom Juni 2017. Das sei ein erstaunlich klares Resultat, sagte Jean-Christophe Geiser vom Bundesamt für Justiz. Das Ergebnis sei demnach demokratisch sicher einfacher zu akzeptieren.
Auch Valentin Zuber, Chef der Jura-Delegation des Gemeinderats von Moutier, strich das deutliche Resultat hervor. Die Jurafrage sei damit an der Urne geregelt worden und nicht in Gerichtssälen.
Die jurassische Regierung geht davon aus, dass der Kantonswechsel per 1. Januar 2026 vollzogen werden kann. Mit dem klaren Verdikt der Bevölkerung werde nun ein neues Kapitel aufgeschlagen. 54,9 Prozent der Bevölkerung hätten sich für ein "Zukunftsprojekt" im Kanton Jura ausgesprochen, erklärte Regierungspräsidentin Nathalie Barthoulot.
"Jurafrage abgeschlossen"
Auch die Berner Regierung betonte, dass die Jurafrage mit der Abstimmung vom Sonntag aus ihrer Sicht abgeschlossen ist. Regierungspräsident Pierre Alain Schnegg erinnerte zudem vor den Medien die Abstimmungssieger an die Verantwortung, die sie als Mehrheit gegenüber der Minderheit hätten.
Die Berntreuen in Moutier reagierten gefasst auf ihre Niederlage. Es bleibe zu hoffen, dass die Sieger recht behielten mit ihrer Einschätzung, dass Moutier als jurassische Stadt die besseren Perspektiven habe, sagte ein Sprecher des probernischen Komitees "MoutierPlus".
Alte Wunden aufgerissen
Vor vier Jahren hatten bloss 137 Stimmen den Ausschlag gegeben. Die Abstimmung wurde später von der Berner Justiz wegen Unregelmässigkeiten für ungültig erklärt. Das liess die Wogen im Berner Jura nach einigen ruhigeren Jahren im Jurakonflikt wieder hochgehen.
Für die Wiederholung der Abstimmung an diesem Sonntag wurde ein beispielloser Aufwand betrieben. Der Bund spielte dabei eine Schlüsselrolle. Er verschickte die fälschungssicheren Abstimmungsunterlagen und überwachte am Sonntag die Auszählung vor Ort.
Ob das Abstimmungsresultat diesmal Bestand haben wird, ist offen. Bis zuletzt gab es eine Polemik um das Stimmregister, nachdem bereits 2017 Vorwürfe zu Abstimmungstourismus laut geworden waren.
Rechtskräftig ist das Ergebnis jedenfalls noch nicht. Sollte es so weit kommen, werden die Kantone Bern und Jura die praktischen Einzelheiten des Kantonswechsels in einem Konkordat aushandeln. Danach sind zuerst die Stimmberechtigten beider Kantone am Zug, abschliessend dann die Bundesversammlung.
(AWP)