Deflation oder Inflation?
Die ursprüngliche Definition für Inflation lautet: "Eine Ausweitung der Geld- und Kreditmenge".
Damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf, denn nicht einmal darüber, was unter "Geldmenge" zu verstehen sei, ist man sich einig.
Einige betrachten nur die Geldmengen M1 und M2 also Bargeld, Sparbüchlein. Geld, das sehr schnell ausgegeben wird. Wenn diese Geldmenge steigt, dann fliesst das Geld schnell in den Güterkreislauf, wird also ausgegeben und sorgt für steigende Preise. Dann stimmt die Aussage, dass Inflation=Teuerung sei. Das haben wir z.B. in den 1970er Jahren erlebt. Da hiess es: Lieber heute als morgen kaufen und in Sachwerte investieren, bevor die Inflation das Ersparte wegfrisst.
Fliesst das Geld in M3 (also langfristige Anlagen wie Festgelder, Obligationen), landet es nicht im Güterkreislauf und ist somit nicht Teuerungs-Wirksam. Diese Situation haben wir heute. Da können also die Preise (z.B. für Immobilien) durchaus sinken, obschon die gesamte Geldmenge (= Notenbankgeldmenge) zunimmt. Einfach deshalb, weil das Geld irgendwo liegen bleibt.
Weiterhin können wir eine Situation haben, wo wir eine hohe Ausweitung der Geldmenge haben, dieses Geld wird aber investiert und die Preise sinken.
Typisches Beispiel die Dotcom-Blase: Milliarden an Krediten flossen in Telekom und Internet. Die Inflation (im Sinn von Ausweitung der Geldmenge) lag locker zwischen 12 und 18% pro Jahr. Aber wir hatten in den bedienten Sektoren keine Teuerung sondern sinkende Preise: Internet und Telefongebühren sanken durchs Band weg, weil sich die Anbieter eine Preisschlacht um Kunden lieferten.
Dann gibt es sogar noch Leute, die zusätzlich zum Geld auch Vermögenswerte (z.B. Immobilien) mit einbeziehen. Roubini nennt entsprechend die sinkenden Immobilienpreise eine "Asset deflation". Sein Argument: Die Vermögensverluste im Immobiliensektor sind höher als die Menge des neugedruckten Geldes. Ergo haben wir in der Summe eine Deflation.
Somit ist dann die Verwirrung komplett, denn wir haben einerseits eine klare Expansion der Notenbankgeldmenge aber andererseits sinkende Vermögenswerte bei Immobilien.
Ich halte mich an die verbreitetste Definition: Inflation=Ausweitung der Notenbankgeldmenge.
Begründung: Auch wenn das Geld derzeit hauptsächlich in M3 also Festegeldern liegt, so kann es doch sehr schnell in die schnelleren Geldmengen M2 und M1 fliessen. Einfach, indem Oblis und Festgeldkonten aufgelöst und auf ein Sparkonto (M2) oder Kontokorrent (M1) überwiesen werden und ab diesem Moment steht es für Käufe im realen Leben zur Verfügung und wird sehr schnell Teuerungswirksam.
Bildlich gesprochen haben wir nun einen enorm grossen und überfüllten Stausee (M3), dessen Schleusen aber noch geschlossen sind und andererseits eine Dürre im Tal (M1 und M2).
Es ist jederzeit möglich, dass die Schleusen des Stausees geöffnet werden und das Wasser ins Tal fliesst. Dabei wissen wir allerdings noch nicht, wie weit und schnell die Schleusen dereinst geöffnet werden. Gut möglich, dass die Schleusen brechen und wir auf einmal eine Überschwemmung bekommen.