Ich gebe jetzt auch mal wieder meinen Senf ab.
Natürlich ist das jetzt meine eigene Sichtweise, aber ich bin felsenfest überzeugt, dass das so ist und so geschehen wird (natürlich bei den Zahlen nur als Beispiel, wie es etwa sein könnte).
UND bevor alle aufschreien und mir komplette geistige Verwirrtheit vorwerfen: Ich weiss schon, wovon ich spreche; ich habe schon selber solche Sanierungen durchgeführt (natürlich nicht in der Grössenordnung).
Ich befürchte, vielen Teilnehmern im Forum ist nicht ganz klar, was diese Insolvenz konkret für Auswirkungen auf die „Machtverhältnisse“ hat.
Wenn die Geschicke einer Firma mal in den Händen der Insolvenzverwalter ist, haben die Aktionäre so gut wie gar nichts mehr zu gebenedeien.
Die Insolvenzverwalter erarbeiten Konzepte zur Weiterführung (oder nicht) der Gesellschaft. Dabei ist ganz wichtig zu wissen, dass,
- wenn es den Insolvenzverwaltern gelingt, einen Grossteil der Arbeitsplätze zu sichern, sie einen guten Job gemacht haben.
- es Ihnen darüber hinaus gelingt, alle privilegierten Gläubiger (1. und 2. Klasse, d.h. Forderungen aus Löhnen, Sozialversicherungen, grundpfandbesicherte Forderungen etc.) schadlos zu halten, sie einen sehr guten Job gemacht haben.
- es ihnen darüber hinaus gelingt, alle Gläubiger aus Lieferungen und Leistungen (3. Klasse, d.h. Kreditoren) schadlos zu halten, sie einen ausgezeichneten Job gemacht haben
- es ihnen darüber hinaus gelingt, den Obligationären eine Nachlassdividende von sagen wir mal 50% offerieren zu können, sie einen phantastischen Job gemacht haben
Die Aktionäre kümmern den Insolvenzverwalter in jedem Fall aber – gelinde gesagt – einen Dreck. Aktienkapital = Eigenkapital = Risikokapital….und zum Risiko gehört eben auch, dass es einen Totalverlust geben kann (genauso, wie es zur Chance gehört, dass der Aktienkurs sich verdoppelt).
Und wenn der Insolvenzverwalter einen Weg gefunden hat, eine Fortführung gemäss obigen Richtlinien zu sichern, dann haben die Aktionäre kaum mehr eine Chance, dagegen etwas zu unternehmen. Natürlich entscheidet zuletzt nicht der Insolvenzverwalter, sondern das Gericht. Dieses folgt aber in aller Regel den Anträgen des Insolvenzverwalters und Klagen – gerade der Aktionäre – gegen einen Sanierungsplan des Insolvenzverwalters sind ziemlich aussichtslos. Vor allem wenn die übrigen Beteiligten einverstanden sind (insb. Obligationäre). Sowohl dem Insolvenzverwalter, wie auch dem Gericht geht es in allererster Linie um die Sicherung der Arbeitsplätze. Die Aktionäre sind denen wirklich schnurz.
UND ZU DEM VIELDISKUTIERTEN EINSTIEG VON GEM.
Ja glaubt ihr denn ernsthaft, GEM werde eine Rekapitalisierung mit Mia 1.4 machen, bei der die Altaktionäre noch etwas sehen? Tatsächlich könnte diese „Rekapitalisierung“ durch GEM etwa wie folgt aussehen:
PLANBILANZ VOR NACH
SANIERUNG SANIERUNG
Umlaufvermögen 3'500 3'500
Anlagevermögen 3'300 1'050
TOTAL AKTIVEN 6'800 4'550
kurzfristiges FK 3'200 2'650
langfristiges FK 2'200 500
Eigenkapital 1'400 1'400
TOTAL PASSIVEN 6'800 4'550
ERFOLGSRECHNUNG
OHNE SONDEREFFEKTE VOR NACH
SANIERUNG SANIERUNG
Umsatz 26'667 26'667
Brutogewinn 1'133 1'133
Betriebsaufwand -852 -852
Abschreibungen -331 -105
Finanzaufwand -192 0
Reinergebnis vor Steuern -241 176
Zu obiger Bilanz und Erfolgsrechnung nach Sanierung führen folgende Massnahmen:
- jetziges AK von ca. 1.4 Mia wird gestrichen (Sanierungsgewinn: Mia 1.4)
- Obligationären werden für 50% des Nominalwertes von Mia 1.7 die Obligationen abgekauft (Sanierungsgewinn Mio 850)
- Um den Sanierungsgewinn von Mia 2.25 wird das Anlagevermögen abgeschrieben
- GEM zeichnet mit Mia 1.4 neues Aktienkapital
- Mittelverwendung der neuen Mia 1.4
Mio 850 für Rückkauf Obligationen
Mio 550 für Reduktion übriges kurzfristiges FK, bzw. Liquiditätsreserve - Effekt auf Planerfolgsrechnung bei unveränderter operativer Leistung gegenüber 9-Monats-Abschluss 2011 von PPHN (hochgerechnet auf 12 Monate)
Abschreibungen sinken um ca. 220 Mio
Finanzaufwand sinkt um ca. 200 Mio - ET VOILA, wird aus einem Verlust von ca. 250 Mio im 2011 ein Gewinn von ca. 176 Mio im 2012 was eine Eigenkapitalrendite von immerhin vernünftigen 12.5% ergibt.
So oder so ähnlich wird so etwas ablaufen…und keiner der jetzigen Aktionäre wird bei einer solchen Rekapitalisierung auch nur einen Stutz sehen.
Gruss
Mauro