Nach jahrelangen Negativzinsen bahnt sich aktuell eine Entwicklung an, in der Rezessionsgefahr auf steigende Zinsen trifft.
Das trifft besonders verschuldete Firmen mit schlechter Bonität, was sich wiederum direkt auf die Kurse kotierter Schulden auswirkt.
Hier liegen ordentliche Spekulationsgewinne drin, wenn es einer Firma in Notlage gelingt, eine Restrukturierung zu umschiffen und die Schulden zurückzuzahlen.
Oder auch Totalverlust, besonders bei nachrangigen Bonds.
Deshalb ein neues Thema: Schweizer Junkbonds
Und gleich eine willkürliche Auswahl einiger Bonds mit Schweizer Bezug mit einer Einschätzung zur Diskussion.
Aryzta: Die nachrangigen CHF Bonds, ARY13 z.B. waren eine schöne Spekulation 2020-21. Jetzt geht es mit den Kursen wieder abwärts wegen dem Umfeld oben beschrieben.
Aryzta möchte die Bonds zurückzahlen weil sie teuer sind, aber das wird schwieriger werden.
Vor allem ARY14 wird wohl noch lange erhalten bleiben. Das Interessante an dieser Anleihe: Sie ist jetzt ein Floater, das heisst, der Coupon wird vierteljährlich angepasst. 3M Saron + 4.21%. Wenn also die Zinsen weiter steigen, gibt es auch hier mehr Rendite. Aber schnelle Kursgewinne wie 20/21 liegen da nicht mehr drin. Das ist jetzt zum Halten und mit den Zinsen Gipfeli kaufen, bis Aryzta eines Tages wieder kapitalmarktfähig wird. Oder die Verstopfung unerträglich wird.
ZurRose: Da ist zu vieles grad im Umbruch. Wenig Vertrauen, viel Unsicherheit. Entsprechend rentiert ZRO20 17% p.a. Das lässt Schlimmstes befürchten. Abwarten, bis sich die Lage klärt.
KLM85: Naja, KLM ist nicht schweizerisch. Aber der nachrangige ewige CHF Bond hat inzwischen schon bald 40 Jahre alle Luftfahrt-Krisen überstanden. 2025 wird der aktuelle Mini Coupon für 10 Jahre an das dann gültige Zinsniveau angepasst. Falls sich abzeichnet, dass das Niveau dann attraktiv ist, geht dieser Bond kursmässig ab. Noch gut 2 Jahre bis zum Reset.
Wer viel jünger oder viel älter als KLM85 (Geburtstag 12.2.1985) ist, sollte die Finger davon lassen. Ich halte welche, was immer man daraus jetzt schliessen will.
Hochdorf, HOC171. Zinszahlung ausgesetzt. Ich dachte mal, das gibt ein zweites ARY13. Aber ich fürchte, die hohen Energiepreise brechen Hochdorf das Genick. Dann gibt es Konkurs oder eine Rekapitalisierung. Schwacher Trost, dass die Zentralschweizer Milchbauern noch schlechter gestellt sind als die Nachrang-Gläubiger. Eine Restrukturierung muss für die Bondholder nicht Totalverlust bedeuten. Aber man wird vielleicht plötzlich Zwangsaktionär. Ober man bekommt die Haare geschnitten. Wenn man noch welche hat.
Wenn jemand Hochdorf mit einer Übernahme rechtzeitig vor dem Zusammenbruch retten sollte, wäre das der JackPot für die Gläubiger.
Kudelski, KUD16: Die waren mal im SMI - so kann's gehen mit High Tech. Kudelski ist ein Familienunternehmen. Deshalb denke ich, es ist Ehrensache für Andre Kudelski, dass er das Geld findet, um KUD16 in zwei Jahren zuückzuzahlen. Mit nur 8% Rendite p.a. ja schon fast Edelschrott.
Was auch für viele investment grade Obligationen gilt, die in der Negativzins Phase ausgegeben wurden: Durch den tiefen Coupon sind sie für Schweizer Einkommenssteuerzahler attraktiv, da ein Grossteil der Rendite als Kapitalgewinn anfällt.
AMSOsram: Die Bonds sind nicht in CHF, aber der Wandler27 sei erwähnt. Weil ich mehr davon habe als Freude daran. Insofern interessant, da der Wandelpreis auch in Euro ist, also in Franken attraktiver wird, wenn der Euro sinkt. Falls das Wort "attraktiv" im Zusammenhang mit AMSOsram überhaupt gebraucht werden kann.
AMSOsram treffen die steigenden Zinsen hart, zumal jetzt für Verkäufe von Unternehmensteilen kaum gute Preise erzielt werden können. Auf den Wandelpreis zu setzen ist nur noch was für blinde Everke Romantiker. Aber ich gehe davon aus, ich kriege 2027 den Einsatz zurück.
Idorsia, IDIA18. Ja, trotz Clozel's Reputation, auch Idorsia Anleihen sind Schrott. Sonst würden die Schulden auf 2 Jahre nicht knapp 10% p.a. in CHF verzinsen. Klar, es gibt eine Pipeline. Aber bei der Geschwindigkeit, wie Idorsia das Geld verbrennt, kann´s nur Quviviq richten.
Santhera, SAN21. Sozusagen die Königin allen Schrottes, Rendite 35% pro Jahr. SAN17 war auch eine Zitterpartie, aber wurde anfangs 2022 zum Nominal mit Zinsen zurückgezahlt, während die Santhera Aktionäre in der Laufzeit 98% vom Einsatz verloren haben. Würde nicht drauf wetten, dass sich dies bei SAN21 nochmal wiederholt.