Verlustaversion ist ein schlechter Ratgeber
theCollector hat am 06.05.2022 20:43 geschrieben:
QuoteMuss jeder wissen wie viel Risiko eingegangen wird.
Aber weiss jeder Anleger, was er unbewusst tut?
Ist Verlustaversion irrational?
Ja, wenn man sie im Hinblick auf die zu erwarteten Erträge betrachtet. Wer an Verlustaversion leidet, schreckt vor langfristig profitablen Investitionen zurück. Es lohnt sich daher, bei Investitionsentscheidungen langfristig zu denken, mit dem Kopf statt mit dem Bauch zu entscheiden. Und es lohnt sich auch, über die Commitment-Strategien nachzudenken, die einem helfen, die irrationale Angst vor Verlusten zu überwinden.
Wenn man Verlustaversion hingegen als ernstzunehmende Präferenz betrachtet, lautet die Antwort Nein. Menschen, die der Gedanke an mögliche Verluste stark schmerzt, maximieren ihren Nutzen, wenn sie möglichen Verlusten unbedingt aus dem Weg gehen. Deshalb gibt es den Spruch, Gewinne laufen lassen, Verluste eingrenzen.
Der Ursprung dieser Präferenz liegt vielleicht in unserer evolutionären Vergangenheit. In der Savanne ging es für die Jäger und Sammler in erster Linie darum, jeden Tag genügend Nahrung zum Überleben zu finden. Es war nicht wichtig, im langfristigen Durchschnitt höhere Gewinne zu erzielen, weil Gewinne schlecht mit Verlusten verrechnet werden konnten. Wenn der prähistorische Jäger an einem Tag drei Tiere statt nur eines erlegte, konnte er doch nur eines verzehren. Das überschüssige Fleisch verdarb.
Darüber hinaus hätte ein solcher Gewinn mit dem Risiko verbunden sein können, sich bei der Jagd zu verletzen oder gar umzukommen. Mit anderen Worten: Für den prähistorischen Jäger erhöhte seine Verlustaversion vielleicht sogar die Überlebenschancen.
Der moderne Investor ist trotzdem gut beraten, sich von diesen Verhaltensweisen aus prähistorischen Zeiten zu lösen. Die moderne verhaltensökonomische Forschung kann uns dabei helfen; sie zeigt aber auch, wie schwer uns das oft fällt. Vielleicht nur eine Theorie, aber ein Gedanke, die man hinterfragen kann.