• Ex-Wirecard-Prüfer will Veröffentlichung von Bericht verhindern


    Ein ehemaliger Bilanzprüfer des Wirecard -Konzerns will juristisch verhindern, dass der Abschlussbericht des Bundestags-Untersuchungsausschusses wie geplant veröffentlicht wird. Das Verwaltungsgericht Berlin teilte am Dienstag auf Anfrage mit, dass ein entsprechender Eilantrag auf Erlass einer Unterlassung eingegangen sei. Das Gericht wolle noch im Laufe des Tages über den Antrag entscheiden, der Bundestag habe zuvor eine kurze Frist zur Stellungnahme, sagte ein Gerichtssprecher. Der Abschlussbericht sollte am Dienstag veröffentlicht werden.


    22.06.2021 12:21


    In dem Antrag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, macht der Münchner Anwalt des Ex-Prüfers Persönlichkeitsrechte seines Mandanten geltend. Dieser sei "keine Person der Zeitgeschichte, er steht nicht in der Öffentlichkeit". Gegen ihn bestehe im Fall Wirecard seit über einem Jahr nicht mehr als ein Anfangsverdacht. Deshalb dürften Passagen mit der Namensnennung des Mandanten im Abschlussbericht des Ausschusses nicht veröffentlicht werden.


    Zuvor hatte das "Handelsblatt" über den Antrag berichtet. Der Anwalt war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Ex-Prüfer war als Zeuge im Untersuchungsausschuss geladen, verweigerte aber die Aussage.


    Der stellvertretende Vorsitzende im Untersuchungsausschuss, Hans Michelbach, (CSU), sagte, der Ex-Bilanzprüfer wolle die Nennung seines Namens im Abschlussbericht verhindern. Es sei aber nach Artikel 44 Grundgesetz gar nicht möglich, dass ein Verwaltungsgericht so Einfluss auf einen Untersuchungsausschuss nehme. In Artikel 44 heisst es in Absatz 4: "Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse sind der richterlichen Erörterung entzogen. In der Würdigung und Beurteilung des der Untersuchung zugrundeliegenden Sachverhaltes sind die Gerichte frei."/brd/DP/mis


    (AWP)

  • Wirecard-Insolvenzverwalter erzielt Erlöse von 600 Millionen Euro


    Nach dem Verkauf mehrerer asiatischer Wirecard -Firmen sind die Erlöse aus der Zerschlagung des zusammengebrochenen Konzerns auf 600 Millionen Euro gestiegen.


    13.07.2021 06:14


    Insolvenzverwalter Michael Jaffé meldete am Montag den erfolgreichen Verkauf der indonesischen Gesellschaft PT Prima Vista Solusi mit rund 670 Mitarbeitern an ein einheimisches Unternehmen in dem südostasiatischen Land. Ausserdem wurden demnach zwei zuvor vereinbarte Verkäufe von Wirecard-Firmen in Hongkong und Malaysia abgeschlossen.


    Dem Vernehmen nach brachten die Verkäufe eine mittlere zweistellige Millionensumme ein. Die Gesamterlöse belaufen sich demnach mittlerweile auf 600 Millionen Euro. Gläubiger und Aktionäre haben im Insolvenzverfahren Forderungen von über zwölf Milliarden Euro angemeldet.


    Der frühere Dax -Konzern brach im Juni 2020 zusammen, nachdem der Vorstand Fantasiebuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt hatte. Mittlerweile hat die Muttergesellschaft Wirecard AG das Geschäft eingestellt. Das Unternehmen existiert quasi nur noch als Hülle, die für das Insolvenzverfahren notwendig ist. Ex-Vorstandschef Markus Braun sitzt wegen Betrugsverdachts seit einem Jahr in Untersuchungshaft, während Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek nach wie vor flüchtig ist.


    (AWP)

  • Börsen beenden bald Handel mit Wirecard-Aktien


    Wer noch Wirecard-Aktien hat, wird diese immer schwerer los: Mehrere deutsche Börsen ziehen schon in wenigen Tagen einen Schlussstrich unter den Handel mit Aktien der insolventen Firma.


    12.11.2021 06:31


    Für Anleger, die das Papier des einstigen Dax-Konzerns noch im Depot haben, wird es damit immer schwieriger, die Aktie loszuwerden. Anlegerschützer raten zum Verkauf der Anteile.


    Die Frankfurter Wertpapierbörse hatte bereits Anfang Oktober mitgeteilt, Wirecard-Aktien mit Ablauf des 15. November (Montag) aus dem regulierten Markt auszuschliessen. Doch auch im Freiverkehr, wo weniger Vorschriften gelten, sei Wirecard dann nicht mehr handelbar, erklärte die Deutsche Börse nun auf Anfrage. Ein "ordnungsgemässer Börsenhandel" sei auch im Freiverkehr nicht mehr gewährleistet, so eine Konzernsprecherin. "Aus diesem Grund ist Wirecard mit Ablauf des 15. November 2021 an der Deutschen Börse nicht mehr handelbar."


    Die Deutsche Börse, der mit Abstand grösste Börsenbetreiber in Deutschland, begründete den Schritt damit, dass bei Insolvenzen stets geprüft werde, ob es beim jeweiligen Emittenten noch einen entsprechenden Ansprechpartner gebe. Wenn insbesondere kein gesetzlicher Vertreter mehr erreichbar sei, der etwa über Fragen der Finanzberichterstattung oder ähnlichen Fragen um das Wertpapier Auskunft geben könne, "ist die Ordnungsmässigkeit nicht mehr gegeben und es erfolgt ein Delisting von Amts wegen", hiess es.


    Die insolvente Wirecard AG hatte im vergangenen Sommer eingestanden, dass in der Bilanz aufgeführte 1,9 Milliarden Euro nicht auffindbar sind. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht von einem "gewerbsmässigen Bandenbetrug" aus. Nachdem der Bilanzskandal ans Licht kam, dauerte es nur wenige Tage bis zur Insolvenzanmeldung. Die Aktie des einst umjubelten Tech-Konzerns stürzte ab, Anleger verloren viel Geld.


    Wirecard-Aktien sind bisher nicht nur in Frankfurt, sondern auch an weiteren deutschen und ausländischen Börsen handelbar. Doch auch andere Börsenplätze ziehen nach - etwa die Börse Stuttgart: "Der Handel mit den Inhaber-Aktien der Wirecard AG (WKN: 747206) wird an der Börse Stuttgart am 15. November 2021 eingestellt", teilte das Unternehmen der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Börse München plant ebenso das Ende des Handels mit Wirecard-Aktien ab dem Stichtag. Man folge dem Referenzmarkt Frankfurt, sagte ein Unternehmenssprecher.


    Der Anlegerschutzverein DSW hat kürzlich empfohlen, Wirecard-Aktien zu verkaufen. Wie lange das noch problemlos möglich sei, sei schwer zu sagen, schrieb Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. "Nur denjenigen, die verkaufen, wird ihre Bank den Verlust bescheinigen, der dann automatisch mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet wird". Er verwies auch auf steuerliche Aspekte, die Anleger mit hohen Investments in Wirecard betreffen: "Verluste, die nicht auf einem Verkauf von Wertpapieren beruhen, sondern etwa auf einer Ausbuchung wegen Wertlosigkeit, können seit 1. Januar 2020 nur eingeschränkt und zwar in Höhe von 20 000 Euro geltend gemacht werden."


    Wirecard-Aktien, die Rekordstände von fast 200 Euro erreicht hatten, sind heute nur noch einige Cent wert und Spielball von Spekulanten. Im August 2020 flogen die Papiere aus dem Leitindex Dax. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gewerbsmässigen Bandenbetrugs. Wirecard-Aktien wurden zuletzt noch recht rege gehandelt.


    (AWP)

  • Wirecard-Affäre: OLG München lässt Anleger auf Schadenersatz hoffen


    (Ausführliche Fassung) - Im Wirecard -Skandal können frustrierte Anleger nach ihren immensen Kursverlusten nun doch auf Schadenersatzklagen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY hoffen. Diese hatte die falschen Bilanzen des ehemaligen Dax -Konzerns testiert. Das Münchner Oberlandesgericht machte am Donnerstag in einem vorläufigen Hinweis gravierende Zweifel an den Gerichtsentscheidungen der ersten Instanz publik. Dabei hatte das Münchner Landgericht Klagen gegen EY ohne weitere Beweisaufnahme abgewiesen. Laut OLG hätte das Landgericht - analog zum Dieselskandal - sehr viel genauer prüfen müssen, ob EY vorsätzlich sittenwidrig handelte.


    09.12.2021 19:19


    Der vorläufige Hinweis bedeutet nicht, dass das OLG die Wirtschaftsprüfer von EY in jedem Fall für mitverantwortlich hält, oder dass ein Erfolg der Klagen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nun garantiert wäre. Allerdings machte der 8. Zivilsenat des OLG sehr deutlich, dass das Landgericht sich nach seiner Einschätzung viel zu oberflächlich mit dem Fall befasst hat.


    Insbesondere rüffelt der Senat, dass es dem Landgericht wohl an "eigener Sachkunde" fehle, um die in einem Gutachten der Prüfungsgesellschaft KPMG erhobenen Vorwürfe gegen EY zu beurteilen. Dafür wäre laut OLG ein Sachverständigen-Gutachten angebracht gewesen.


    Darüber hinaus hält das OLG dem Landgericht vor, den Bericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses im Bundestag ignoriert zu haben, und zwar "gehörswidrig" zum Nachteil der klagenden Anleger. Das OLG empfahl dem Landgericht, ein Musterverfahren zu eröffnen. Als Option erwägt das OLG demnach aber auch, das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen, um die bislang fehlende umfangreiche Beweisaufnahme nachzuholen.


    Wirecard hatte im Juni 2020 zuerst erfundene Buchungen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro eingeräumt und wenig später Insolvenz angemeldet. EY hatte die Bilanzen des Unternehmens zuvor über Jahre geprüft und testiert, ohne den mutmasslichen Betrug zu entdecken. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Vorstand wie eine kriminelle Bande agierte und die Bilanzen jahrelang bewusst fälschte, um Bankkredite und Investorengelder zu erschleichen. Der frühere Vorstandschef Markus Braun sitzt seit fast eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft.


    Für die Aktionäre bedeutete die Wirecard-Pleite immense Verluste in zweistelliger Milliardenhöhe. Deswegen sind beim Münchner Landgericht Hunderte von Schadenersatzklagen gegen EY eingegangen, die bislang abgewiesen wurden.


    Das Landgericht sah in mehreren Entscheidung keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen den EY-Testaten und den Verlusten der Anleger, beziehungsweise keine Pflichtverletzung der Prüfer. Das OLG jedoch meldet an dieser Sicht der Dinge grosse Bedenken an: Nach Einschätzung des Senats hätte eine frühere Verweigerung des Testats durch EY auch einen früheren Insolvenzantrag der Wirecard AG zur Folge gehabt. Ausgehend davon spräche dann "wohl die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass die Anleger die streitgegenständlichen Aktienkäufe in Kenntnis dessen nicht getätigt hätten", hiess es in der Mitteilung des OLG./cho/DP/men


    (AWP)

  • Gericht will im Mai über Wirecard-Bilanzen entscheiden


    Im Wirecard -Skandal könnte es im Frühjahr das erste Gerichtsurteil über die mutmasslich gefälschten Bilanzen des zusammengebrochenen Konzerns geben. In einem Zivilprozess von grosser Bedeutung für Aktionäre, Finanzamt und auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY setzte das Münchner Landgericht nach der mündlichen Verhandlungen am Donnerstag den 5. Mai als Verkündungstermin fest.


    16.12.2021 13:26


    Verkündungstermin bedeutet in Zivilverfahren allerdings nicht unbedingt Urteil. Denkbar wäre auch eine umfangreiche Beweisaufnahme, wie der Vorsitzende Richter Helmut Krenek sagte. Insolvenzverwalter Michael Jaffé will die Wirecard-Jahresabschlüsse für 2017 und 2018 mitsamt den dazugehörigen Hauptversammlungsbeschlüssen für nichtig erklären lassen.


    Laut Klage war die Wirecard-Bilanz im Jahr 2017 um 743,6 Millionen und 2018 um 972,6 Millionen Euro zu hoch bewertet. Sofern die Kammer dem stattgibt, könnte das dann die Grundlage für Dividenden- und Steuerrückforderungen des Insolvenzverwalters gegen Aktionäre beziehungsweise das Finanzamt sein.


    Mit einem solchen Urteil würden nach Einschätzung der Anlegeranwältin Daniela Bergdolt aber auch die Erfolgsaussichten der vielen Aktionärsklagen gegen die Prüfungsgesellschaft EY steigen, die die betreffenden Wirecard-Bilanzen testiert hatte. "Wenn hier festgestellt wird, dass diese Jahresabschlüsse 2017 und 2018 nichtig sind, dann hat das eine durchschlagende Indizienwirkung für alle Prozesse auf Schadenersatz gegen EY", sagte die Vizepräsidentin der Anlegervereinigung DSW nach dem Ende der Verhandlung./cho/DP/eas


    (AWP)

  • Erste Anklage im Wirecard-Komplex


    (Ausführliche Fassung) - Eineinhalb Jahre nach dem Zusammenbruch des Wirecard -Konzerns hat die Münchner Staatsanwaltschaft die erste Anklage im mutmasslich grössten Betrugsskandal der Nachkriegszeit erhoben. Beschuldigt ist kein Wirecard-Manager, sondern eine Nebenfigur: Ein ehemaliger Geschäftspartner des untergetauchten Ex-Vertriebschefs Jan Marsalek soll zuerst mit diesem gemeinsam 22 Millionen Euro aus der Konzernkasse veruntreut haben, wie die Münchner Staatsanwaltschaft mitteilte. Anschliessend soll der Angeklagte von diesem veruntreuten Geld acht Millionen Euro für sich selbst abgezweigt haben. Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.


    13.01.2022 14:00


    Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann 26 besonders schwere Fälle der Geldwäsche verbunden mit Betrug in besonders schwerem Fall und falscher Buchführung vor. Laut Ermittlungen wollten Marsalek, der Angeklagte und weitere Komplizen die 22 veruntreuten Wirecard-Millionen über eine Anlagegesellschaft in deutsche Start-ups investieren und so die kriminelle Herkunft der Gelder verschleiern - daher der Geldwäschevorwurf.


    Anders als mit Marsalek und Co. verabredet soll der Angeklagte dann aber acht Millionen Euro für den Kauf und Umbau eines Hauses in München sowie eigene Büros in der Schweiz ausgegeben haben. Nun muss zunächst das Münchner Landgericht über die Zulassung der Anklage entscheiden.


    Marsalek ist seit Sommer 2020 untergetaucht und wird in Russland vermutet. Bislang nicht angeklagt ist der frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun, der seither in Untersuchungshaft sitzt. Das für die Haftprüfungen zuständige Münchner Oberlandesgericht hatte aber kürzlich deutlich gemacht, dass es mit einer Anklage Brauns bis März rechnet.


    Die Ermittler werfen Braun und anderen früheren Wirecard-Spitzenmanagern bandenmässigen Betrug vor. Sie sollen nicht vorhandene Umsätze in Milliardenhöhe erfunden haben, um systematisch Kredite und Investorengelder zu erschleichen. Der Betrugsschaden könnte demnach eine Rekordsumme von drei Milliarden Euro erreicht haben.


    Die erste Anklage gegen den einstigen Marsalek-Partner illustriert aber, wie verwickelt die Affäre ist. So scheint nicht ausgeschlossen, dass massgebliche Beteiligte einerseits gemeinsam kriminelle Sache machten und sich gleichzeitig wechselseitig prellten.


    Was Vorstandschef Braun zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft sagt, hat die Staatsanwaltschaft bislang nicht publik gemacht. In einem kürzlichen Zivilverfahren vor dem Landgericht um die mutmasslich gefälschten Wirecard-Bilanzen wurde jedoch deutlich, dass Braun sich möglicherweise selbst nach wie vor als Opfer sieht.


    Die erste Anklage lässt nun zumindest darauf schliessen, dass der untergetauchte Marsalek auch nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft grosse Summen aus dem Unternehmen auf eigene Rechnung beiseite schaffte. Sollten sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft erhärten, könnten am Ende Braun und Marsalek sowohl Betrüger als auch von den eigenen Komplizen Betrogene gewesen sein./cho/DP/jha


    (AWP)

  • Landgericht: Kein Schadenersatz von Bafin für Wirecard-Anleger


    Anleger haben im Wirecard -Skandal nach Urteilen des Landgerichts Frankfurt keinen Schadenersatzanspruch gegen die Finanzaufsicht Bafin. Die vierte Zivilkammer des Gerichts wies nach Angaben vom Mittwoch die Klagen früherer Wirecard-Aktionäre in vier Verfahren ab. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.


    19.01.2022 13:21


    Wirecard war 2020 nach dem Eingeständnis von Scheinbuchungen in Milliardenhöhe zusammengebrochen. Die Anleger erlitten durch die Insolvenz Verluste und forderten von der Bafin Schadenersatz zwischen 3000 und 60 000 Euro.


    Die Anleger argumentierten, die Finanzaufsicht habe Marktmanipulationen des einstigen Dax -Konzerns nicht verhindert und die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert. Hinweisen auf Gesetzesverstösse der Wirecard AG sei die Behörde nicht ausreichend nachgegangen.


    Das Gericht kam allerdings zu dem Ergebnis, dass die Bafin nach den gesetzlichen Vorschriften ihre Aufgaben ausschliesslich im öffentlichen Interesse wahrnehme und nicht im Interesse einzelner Anleger. "Eine etwaige Verletzung von Amtspflichten der Bafin kann deswegen nicht zu einer Ersatzpflicht gegenüber einem geschädigten Anleger führen. Es besteht kein sogenannter Drittschutz", erklärte das Gericht. (Az. 2-04 O 65/21, 2-04 O 531/20, 2-04 O 561/20, 2-04 O 563/20)


    Die für Amtshaftungsfragen zuständige Kammer folgte damit nach eigenen Angaben einer Entscheidung der achten Zivilkammer des Landgerichts. Diese wies im November eine Klage eines Wirecard-Anlegers gegen die Finanzaufsicht ebenfalls ab. (Az. 2-08 O 98/21) Der Kläger legte Berufung zum Oberlandesgericht ein./mar/DP/ngu


    (AWP)

  • Kleiner Teilerfolg für Ex-Wirecard-Chef im Kampf um sein Vermögen


    Der ehemalige Wirecard -Chef Markus Braun hat einen kleinen Teilerfolg im Kampf um sein Vermögen erzielt. Einer von zwei millionenschweren Arrestbefehlen, die der Insolvenzverwalter erwirkt hatte, wurde am Donnerstag vom Landgericht München I aufgehoben. Dabei handelt es sich mit einer Summe von 35 Millionen Euro allerdings um den kleineren der beiden Arrestbefehle. Ein weiterer über eine Summe von 140 Millionen wurde vom Gericht bestätigt.


    09.06.2022 10:40


    Zum bestätigten Arrestbefehl erklärte das Gericht, dass Insolvenzverwalter Michael Jaffé es glaubhaft gemacht habe, "dass Herr Dr. Braun seine Pflichten als Vorstandsmitglied der Wirecard AG verletzt hat". Hier geht es zum einen um die Auszahlung eines Darlehens über 100 Millionen Euro an eine in Singapur gegründete Gesellschaft ohne Sicherheiten und trotz Zahlungsrückständen aus einem früheren Darlehen. Zum anderen handelt es sich um die Zeichnung zweier Schuldverschreibungen über 100 Millionen Euro. Von den insgesamt 200 Millionen seien nur 60 Millionen zurück an Wirecard geflossen, wodurch sich die Summe von 140 Millionen Euro ergibt.


    Beim aufgehobenen Arrestbefehl über 35 Millionen Euro ging es um Geld, das Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek per Kreiselüberweisung aus dem Konzern abgezweigt haben soll, um einen Kredit bei Braun zu begleichen. Braun argumentiert, davon nichts gewusst zu haben. Das Gericht befand nun, dass nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei, dass Braun im Bilde war.


    Allzu grosse praktische Bedeutung für Braun haben die Entscheidungen nicht. Auch die Münchner Staatsanwaltschaft hat das Privatvermögen des unter Betrugsverdachts stehenden Managers arrestieren lassen. Faktisch hat Braun also keinen Zugriff auf die 35 Millionen.


    Der Zahlungsabwickler Wirecard war 2020 nach dem Eingeständnis von Scheinbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro zusammengebrochen. Der frühere Vorstandschef Markus Braun sitzt seit rund zwei Jahren in Untersuchungshaft./ruc/DP/nas


    (AWP)

  • Stunden der Anklage zum Start des Wirecard-Prozesses

    (neu im 9. Absatz: Die Kammer lehnte in der Verhandlung eine Verständigung darüber zum jetzigen Zeitpunkt ab.) - Zweieinhalb Jahre nach der Milliardenpleite des Wirecard-Konzerns hat der Strafprozess um den mutmasslich grössten Betrugsfall in Deutschland seit 1945 begonnen. Vor dem Landgericht München I eröffnete der Vorsitzende Richter Markus Födisch am Donnerstag die Verhandlung gegen den früheren Vorstandschef Markus Braun und seine zwei Mitangeklagten.


    08.12.2022 18:38


    Die Staatsanwaltschaft wirft dem seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzenden Braun vor, mit seinen Komplizen im Vorstand, weiteren Managern des mittlerweile abgewickelten Dax-Konzerns und externen Geschäftspartnern eine Betrügerbande gebildet, Bilanzen gefälscht und die Kreditgeber um 3,1 Milliarden Euro geprellt zu haben - das wäre der höchste Betrugsschaden in Deutschland seit 1945.

    Laut Anklage waren die Hälfte der Umsätze und über 90 Prozent des Vorsteuergewinns erfunden. Noch nie war die Chefetage eines ehemaligen Dax-Konzerns beschuldigt, als kriminelle Bande agiert zu haben. Die vierte Strafkammer des Landgerichts München I hat in dem unterirdischen Verhandlungssaal neben der JVA Stadelheim über 100 Verhandlungstage angesetzt.

    Mit Braun angeklagt sind der ehemalige Chefbuchhalter des Konzerns sowie Oliver Bellenhaus, ehemals Leiter der Wirecard-Tochtergesellschaft in Dubai.

    Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die "zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt vor dem Jahr 2015" gegründete Bande wesentlich grösser war: Beteiligt waren laut Anklage ein 2017 ausgeschiedener früherer Finanzvorstand, der untergetauchte Vertriebsvorstand Jan Marsalek sowie weitere Mittäter in In- und Ausland. Nicht eingeweiht waren demnach zwei Vorstände, die 2018 in die Konzernspitze rückten.

    Die Hauptfrage ist: War Braun Betrüger oder Betrogener? Aussage wird hier gegen Aussage stehen: Der Ex-Vorstandschef sieht sich als Opfer, seinerseits geprellt von Kriminellen im Unternehmen. Widerpart Brauns und Kronzeuge ist der frühere Dubai-Geschäftsführer Bellenhaus.

    Zur Eröffnung des Verfahrens bestätigte der 53 Jahre alte Braun lediglich seine Personalien. "Absolut richtig", antwortete der österreichische Manager auf die Frage, ob er in Bayerns grösstem Gefängnis untergebracht sei. Zu den Vorwürfen aussagen soll Braun kommende Woche. Im Gerichtssaal erschien er etwas abgemagert, aber keineswegs verhärmt, gekleidet wie einst bei öffentlichen Auftritten in Jackett und schwarzem Rollkragenpulli.

    Über das Tochterunternehmen Cardsystems Middle East in Dubai verbuchte Wirecard laut Anklage erfundene "Drittpartner"-Umsätze in Milliardenhöhe. Diese Drittpartner waren Firmen, die im Wirecard-Auftrag Zahlungen abwickelten. Vor der Pleite im Sommer 2020 hatte das Unternehmen mutmassliche Scheinbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt, das Geld wird bis heute vermisst.

    Kronzeuge Bellenhaus will in vollem Umfang kooperieren: "Er wird seine Schuld eingestehen", sagte vor Verhandlungsbeginn Florian Eder, einer von Bellenhaus' Verteidigern. Im Gegenzug erhoffen sich die Verteidiger die Entlassung aus der Untersuchungshaft und im Urteil einen "sehr deutlichen Strafnachlass" für ihren Mandanten. Die Kammer lehnte in der Verhandlung eine Verständigung darüber zum jetzigen Zeitpunkt ab.

    Braun hatte seinen ehemaligen Untergebenen bereits vor Prozessbeginn krimineller Machenschaften beschuldigt. Nach Brauns Darstellung existierten die seit 2020 vermissten Milliarden, wurden aber unter Beteiligung Bellenhaus' veruntreut. "Wenn derartige Angriffe kommen, sind das schlichtweg Nebelkerzen", sagte Bellenhaus' Anwalt dazu.

    Ohne die angeblichen Erlöse des Drittpartnergeschäfts sei Wirecard defizitär gewesen, sagte Staatsanwalt Matthias Bühring bei der mehrstündigen Verlesung des 89-seitigen Anklagesatzes. Die Milliardenkredite waren laut Anklage notwendig, "um den Kollaps des Unternehmens zu verhindern".

    Wirecard wickelte als Zahlungsdienstleister an der Schnittstelle zwischen Kreditkartenfirmen und Banken sowie Einzelhändlern und sonstigen Verkäufern gegen Gebühr elektronische Zahlungen ab. Das Unternehmen meldete jahrelang rasant steigende Umsätze und stieg 2018 an der Frankfurter Börse in den Dax auf. Braun wurde als grösster Aktionär Milliardär.

    Im Sommer 2020 brach der Konzern zusammen und meldete Insolvenz an. Die britische "Financial Times" war zuvor in jahrelanger Recherche den mutmasslichen Manipulationen auf die Spur gekommen. Zweifel an den Wirecard-Bilanzen hatte Braun bis ganz kurz vor dem Kollaps in Bausch und Bogen zurückgewiesen. Im Prozess wird der Ex-Vorstandschef sich auf bohrende Fragen zu seiner Opferrolle einstellen müssen.

    So las Staatsanwalt Bühring eine E-Mail des früheren Aufsichtsratschef Thomas Eichelmann an Braun vom 21. April 2020 vor. Der Kontrolleur forderte kategorisch die Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung, dass eine Sonderprüfung schwere Mängel zu Tage gefördert hatte, dass die Nachweise für das Drittpartnergeschäft fehlten. Doch Braun tat das Gegenteil: Er liess die Finanzwelt wissen, es gebe keinen Nachweis für Bilanzmanipulation.

    Das Urteil ist nach derzeitigem Stand Anfang 2024 zu erwarten./cho/DP/stw

    (AWP)

  • Braun will in Wirecard-Prozess Veruntreuung von Millionen belegen

    Im Wirecard-Prozess will der als mutmasslicher Milliardenbetrüger angeklagte Ex-Vorstandschef Markus Braun mit Hilfe von Kontoauszügen seine Unschuld beweisen. Der österreichische Manager präsentierte dem Gericht am Donnerstag eine detaillierte Auswertung von Überweisungen, denen zufolge der mitangeklagte Kronzeuge Oliver Bellenhaus Firmengelder in grossem Stil abgezweigt haben soll. "Man hat sich ab 2013 massiv Gelder gegönnt", sagte Braun. Geflossen sei das Geld vor allem an "einige wenige Veruntreuungsgesellschaften".


    02.03.2023 15:07


    Nach Aussage des ehedem in Dubai für Wirecard tätigen Bellenhaus war Braun aktiv an der Erfindung von Scheingeschäften in Milliardenhöhe beteiligt. Nach Darstellung Brauns hingegen gab es keine Scheingeschäfte, sondern nur Veruntreuung durch Bellenhaus und Komplizen.


    Der Vorsitzende Richter Markus Födisch sagte eine Überprüfung zu, liess jedoch Skepsis durchblicken. Er fragte Braun mehrfach, warum die Täter den Umweg über Scheinbuchungen hätten nehmen sollen, wenn sie auch mühelos Geld aus echten Geschäften hätten abzweigen können: "Warum soll sich das jemand antun, wenn es auch viel leichter geht?" Mit Brauns anschliessenden Erklärungen war der Richter nicht zufrieden: "Verstehen Sie, was ich sage, oder verstehen Sie nicht einmal, was ich meine?"


    Födisch konfrontierte Braun zudem mit Zeugenaussagen ehemaliger Mitarbeiter, derzufolge es grosse Lücken zwischen dem tatsächlichen Wirecard-Geschäft und den von Braun geforderten ehrgeizigen Umsatz- und Gewinnzielen des 2020 kollabierten Dax -Konzerns gab. Braun bestritt das. "An diese Aussage kann ich mich definitiv nicht erinnern", sagte der seit bald drei Jahren in Untersuchungshaft sitzende Manager.


    Braun, Bellenhaus und der ehemalige Wirecard-Chefbuchhalter sind wegen des Verdachts des gewerbsmässigen Bandenbetrugs angeklagt. Sie sollen seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geprellt haben./cho/DP/men

    (AWP)

  • EY muss Wirecard-Insolvenzverwalter Akten zeigen

    Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hat im Zuge des Wirecard-Skandals erneut eine Niederlage vor Gericht eingesteckt. Die Wirtschaftsprüfer müssen dem Wirecard-Insolvenzverwalter nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart Einsicht in bestimmte Akten im Zusammenhang mit dem Konzernabschluss 2016 gewähren, wie das Gericht am Freitag mitteilte.


    03.03.2023 13:02


    Das Gericht wies einen Antrag von EY zurück, in dem sich die Gesellschaft gegen die Zwangsvollstreckung eines entsprechenden Urteils des Stuttgarter Landgerichts vom Dezember wehren wollte. Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet.


    Im Kern ging es im Dezember um die Frage, warum EY im April 2017 den Wirecard-Abschluss vom 31. Dezember 2016 bestätigte, obwohl die Wirtschaftsprüfer wenige Tage zuvor noch Zweifel dokumentiert hatten. Demnach teilte der für die Abschlussprüfungen verantwortliche EY-Partner dem Finanzvorstand von Wirecard noch im März 2017 mit, dass bestimmte Umsätze in den Jahren 2015 und 2016 nicht angemessen nachgewiesen wurden.


    Das Landgericht gewährte dem Insolvenzverwalter mit dem Urteil im Dezember Einsicht in die entsprechenden Akten. EY ging dagegen vor. Nun teilte das Oberlandesgericht mit, den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung - also der Akteneinsicht, bevor das Urteil rechtskräftig wird - abzulehnen. Am Ende geht es auch um die Frage, ob der Insolvenzverwalter irgendwann Schadenersatz von EY einklagen kann. EY wollte sich am Freitag nicht zu der Entscheidung äussern.


    Wirecard brach im Sommer 2020 zusammen, nachdem der Vorstand einräumte, dass 1,9 Milliarden angeblich auf Treuhandkonten verbuchte Euro nicht auffindbar waren. Dem früheren Wirecard-Chef Markus Braun wird derzeit in München der Prozess gemacht. EY hatte die mutmasslich gefälschten Bilanzen des früheren Dax -Konzerns über Jahre testiert./dhu/DP/mis

    (AWP)

  • Hauptrolle für Abwesenden: Wirecard-Prozess dreht sich um Marsalek

    (neu: Auszüge aus Marsalek-Brief) - Im Münchner Wirecard-Prozess wird ein Abwesender zur Hauptfigur: Der seit drei Jahren untergetauchte Vertriebsvorstand Jan Marsalek hat in einem von seinem Anwalt aufgesetzten Brief an das Landgericht München I massive Anschuldigungen gegen den Kronzeugen der Anklage erhoben. Das geht aus Auszügen des Schreibens hervor, die die Verteidigung des ehemaligen Vorstandschefs Markus Braun am Mittwoch im Gerichtssaal vortrug.


    19.07.2023 19:44


    Über seinen Anwalt wirft der in Russland vermutete Marsalek dem Kronzeugen Oliver Bellenhaus vor, sich der Staatsanwaltschaft als "anpassungsfähiger Zeuge" angedient zu haben, um sich später "in Freiheit mit von ihm veruntreuten Firmengeldern in Millionenhöhe als geläuterter Büsser nach Dubai zurückziehen zu können". Diese Zitate verlas Rechtsanwalt Nico Werning, einer der Verteidiger Brauns.


    Am Vormittag hatte es in dem bunkerartigen unterirdischen Gerichtssaal im Münchner Gefängnis Stadelheim zunächst Wortgefechte gegeben. "Wollen Sie den Brief in der Schublade verschwinden lassen?", fragte Brauns verärgerter Verteidiger Alfred Dierlamm in Richtung Richterbank.


    Wie den im Gerichtssaal verlesenen Zitaten weiter zu entnehmen war, widerspricht Marsalek nicht nur Aussagen des Kronzeugen, sondern auch der Einschätzung des Insolvenzverwalters, dass ein Grossteil der Wirecard-Geschäfte erfunden gewesen sei. Das würde die Verteidigung Brauns stützen. Dessen Anwälte beantragten die Verlesung des vollständigen Schreibens in der Hauptverhandlung. Die Kammer entschied zunächst nicht über den Antrag, sondern beendete den Prozesstag.


    Laut Anklage bildeten der seit Sommer 2020 in Untersuchungshaft sitzende Vorstandschef und seine Komplizen eine kriminelle Betrügerbande. Sie sollen Banken und Investoren nicht vorhandene Geschäfte vorgegaukelt haben, um mit Hilfe von Krediten in Milliardenhöhe ihr defizitäres Unternehmen über Wasser zu halten.


    Die Münchner Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden für die Kreditgeber auf über drei Milliarden Euro, das wäre der grösste Betrugsschaden in Deutschland seit 1945. Die Anklage stützt sich ganz wesentlich auf Bellenhaus' Aussagen, ehedem Leiter der Wirecard-Tochtergesellschaft in Dubai.


    Braun und seinen Verteidigern zufolge war das "Tatbild" ein ganz anderes: Demnach waren die Wirecard-Geschäfte echt, Drahtzieher Marsalek soll gemeinsam mit Bellenhaus und zahlreichen weiteren Komplizen den Konzern ausgenommen und an die zwei Milliarden Euro auf eigene Konten umgelenkt haben. Ein ebenso ahnungsloser wie unschuldiger Ex-Vorstandschef Braun wäre demnach weder Täter noch Mitwisser gewesen.


    Diese Argumentation steht im Widerspruch nicht nur zur Anklage, sondern auch zur Einschätzung des Insolvenzverwalters Michael Jaffé: Der hatte kürzlich bekräftigt, keine Spur der vermissten Milliarden gefunden zu haben. Sollte das Gericht am Ende Dierlamms Argumenten folgen, würde das sowohl für die Münchner Staatsanwaltschaft als auch den Insolvenzverwalter einen grossen Rufschaden bedeuten.


    Marsalek verantwortete als Vertriebsvorstand das Geschäft mit sogenannten Drittpartnerfirmen. Externe Zahlungsdienstleister wickelten im Wirecard-Auftrag - echte oder erfundene - Kreditkartenzahlungen überwiegend in Asien ab.


    Im Sommer 2020 war der einstige Dax-Konzern zusammengebrochen, weil 1,9 Milliarden Euro angeblicher Erlöse aus diesem Drittpartnergeschäft nicht auffindbar waren. Marsalek floh ins Ausland und wird in Russland vermutet, Braun und Bellenhaus stellten sich der Justiz und sitzen seither in Untersuchungshaft. Aus den bisher im Prozess vorgetragenen Dokumenten geht hervor, dass Marsalek und Bellenhaus über Jahre eng zusammen arbeiteten.


    Ungeklärt blieben im Gerichtssaal zwei weitere von vielen Wirecard-Rätseln: Welche Motive Marsalek dazu getrieben haben könnten, sich per Anwaltsbrief bei Gericht zu melden und einen einstigen Verbündeten zu beschuldigen.


    Bellenhaus' Verteidiger Florian Eder sagte nach Ende der Verhandlung, der Brief enthalte nichts Konkretes und sei "von vorn bis hinten Blödsinn". Eders Fazit: "Beweiswert gegen null. (...) Man kann es gern verlesen."


    Der Prozess läuft seit Anfang Dezember, der Mittwoch war der 53. Prozesstag. Bisher haben jedoch nur Zeugen ausgesagt, die von den Ermittlern nicht zur Wirecard-Bande gezählt werden, und nach Auffassung der Verteidiger Brauns dementsprechend auch kein Insiderwissen haben.


    Marsalek soll seine Geschäfte sogar vor dem übrigen Vorstand abgeschottet haben, wie die frühere Produktvorständin Susanne Steidl als Zeugin erläuterte. "Ich habe keine Passwörter gehabt", sagte die 52 Jahre alte Managerin. Wie Braun und Marsalek stammt auch sie aus Österreich.


    Marsaleks Drittpartnergeschäft war nach Steidls Worten für sie als Mitglied der Konzernspitze unzugänglich, da auf externen Computersystemen abgespeichert: "Ich hatte keine Vorstellung, wo das war." Die Managerin hatte nach eigenen Worten zufolge keine Ahnung, dass es bei dem Konzern kriminell zuging: "In meiner Wahrnehmung war Wirecard erfolgreich."/cho/DP/stw

    (AWP)