• Hallo zusammen


    Der weltgrösste Generikahersteller ist kurstechnisch aktuell auf einem Sinkflug der seinesgleichen sucht. Etwa 40% Kursverlust in den letzten drei Handelstagen und schon davor war der Kurs über 50% vom Allzeithoch aus 2015 entfernt.


    Derzeitige Probleme bei Teva und meine Sicht dazu:

    • grosse Verschuldung (ca. 35 Mrd.) durch Übernahme der Generikasparte von Allergan --> für mich nicht kritisch, das enormer Free Cash Flow vorhanden ist
    • Generikapreise unter Druck --> wenn jemand damit umgehen kann, dann sicherlich der grösste Generikahersteller
    • Bestseller Copaxone bekommt durch Generika Konkurrenz --> ein reelles Problem da es sich nicht nur um den Bestseller sondern auch das margenstärkste Produkt handelt, allerdings sollte Teva mit seiner Grösse in der Lage sein die sinkenden Umsätze zu kompensieren
    • kein CEO --> für mich kein reelles Problem, sie werden sicher bald jemand gutes finden

    Vor einigen Tagen wurden die Quartalszahlen von Teva bekanntgegeben.


    Goodwill im Wert von 6 Mrd. wurde abgeschrieben. Sieht beim Gewinn natürlich nicht schön aus, ist aber nicht cashwirksam und für mich daher nicht wirklich interessant.


    Die Dividende wurde um 3/4 gekürzt, somit bleibt mehr Geld um die Schulden zurückzuzahlen. Beim aktuellen Kurs ergibt das trotzdem immer noch eine Dividendenrendite von knapp 2%.


    Für 2017 wird mit einem operativen Cash Flow von 4.5 Mrd. und Non-GAAP EPS von 4.30 – 4.50 $ gerechnet. Macht beim derzeitigen Kurs ein KGV von 4 für 2017.


    Für mich bietet sich hier eine einmalige Gelegenheit bei einem angeschlagenen Weltmarkführer billig einzusteigen. Ausserdem handelt es sich hier um das grösste Unternehmen Israels, welches in einem wachsenden Markt tätig ist. Ich rechne daher fest mit einer langfristigen Erholung und habe in den letzten Tagen meine Position deutlich aufgestockt.

  • Ich sehe dies nicht so, sondern eher eine zweite Valeant. Die Schulden sind riesig. Deine Begründung, dass ein enormer FCF vorhanden ist, widerlegst du ja gleich mit den nächsten Punkten, die starke Konkurrenz und viel wichtiger, ein enormer Preisdruck (siehe auch Margenverschlechterung schon mit diesem Quartal, ebenso wie Rückgang des FCF YoY). Dies drückt natürlich 1zu1 auf den CF durch. Nicht zu unterschätzen sind die steigenden Zinsen, da spricht man dann wieder lieber vom EBIT anstatt von EBT... Ich sehe daher die Schuldenlast als enormes Problem.


    Ebenso spricht es für mich Bände, wenn über so lange Zeit kein CEO gefunden wird. Niemand will den Job. Wieso?


    Jetzt noch mein generelles Problem mit CFOs oder Analysten, welche mir Non-GAAP oder "nicht cash-wirksam" um den Kopf werfen (dies ist nicht gegen dich oder deine Aussage gerichtet, Paul81, sondern muss ich mal wieder generell loswerden): Diese Abschreiber sind meistens sehr wohl cashwirksam. Für die 40.5mia hat man 33.75mia in Cash bezahlt (teils fremdfinanziert!), der Rest in Aktien. D.h. als Aktionär gingen mir 33.75mio Cash als Ausschüttungssubstrat weg, ebenso habe ich eine Verwässerung meines Anteils von 6.75mia hinnehmen müssen. Dies ist absolut zum Nachteil der Unternehmung und deren Aktionäre. Nun gut, sofern ich einen valable Gegenwert erhalte, ist dies mal nicht weiter schlimm. Nun habe ich aber nach einem Jahr bereits einen Abschreiber von 15%, d.h. dieses Cash ist weg. Weiteres Abschreibungspotenzial für einen Fehlkauf: 34.4mia! Bei einem Abschreiber vermindert sich das Asset, die Schulden der Kaufsfinanzierung bleiben...


    Nicht zu vergessen ist, dass jetzt im August die Haltefrist für Allergan ausläuft. Ich gehe nicht davon aus, dass die grosses Interesse an den Aktien haben und diese wohl auf den Markt werfen, ansonsten hätte man sein Generikasegment nicht verkaufen müssen.


    Von daher: ich bin ebenso gespannt, wie es weitergeht, glaube aber, dass die nächsten Tage wenn nicht gar die nächsten Quartalszahlen nochmals einen Schub nach unten geben (Ausnahme: ein CEO wird präsentiert). Jedenfalls bleibe ich von der Seitenlinie her dabei und werde gegebenenfalls ein Einstieg neu beurteilen.

  • Nachtrag: Assetsales unter Druck wird nie zufriedenstellende Verkaufserlöse bringen. Von daher sind die anvisierten Verkäufe von Aktiven ebenso nicht gut für den Kurs. Problem ist auch, dass Kreditbedingungen eingehalten werden müssen (Schulden max 4.25x EBITDA), d.h. mit sinkenden Margen muss umso schneller der Kreditabbau vorangetrieben werden, welcher ab einem gewissen Moment nur noch mit Assetsale geht, was wiederum weniger Umsatz zur Folge hat. Da ist man sehr schnell in einem Teufelskreis, oder bei hohen Zinskosten.

  • guter beitrag

    hallo Origami, guter beitrag…


    der vergleich mit valeant zeigt aber doch einige gravierende unterschiede, so ist teva etwa doppelt so gross (umsatz, casfh flow etc.), bei einer vergleichbaren verschuldung, ausserdem wächst teva (durch den zukauf), während valeant aktuell schrumpft


    teva will des weiteren nur unternehmensteile verkaufen, die nicht zum zum kerngeschäft gehören, bei valeant werden die verkäufe deutlich mehr an der substanz zehren


    im moment wird das ganze generikageschäft in frage gestellt (siehe myl, endp etc.), sinkende margen wären natürlich ein dämpfer, aber wenn jemand mit dem preisdruck umgehen kann dann wohl teva


    bezüglich goodwill abschreibung, du hast natürlich recht, wenn jetzt goodwill abgeschrieben werden muss, wurde offensichtlich zuviel bezahlt für die übernahmen, und das ist für die aktionäre, die das mitgemacht haben, natürlich nicht schön anzusehen, aber ob teva jetzt goodwill abschreibt oder nicht ändert an der ausgangslage oder der zukünftigen performance nichts, das geld wurde nun mal schon ausgegeben, ich schaue hier nur in die zukunft…


    die haltefrist für die von allergan gehaltenen teva aktien sollte am 2. august abgelaufen sein


    für mich ist das verhältnis von möglicher rendite und risiko hier aktuell sehr attraktiv, auch wenn natürlich der kurs sehr wohl noch substanziell nachgeben kann wie du schreibst


    ich selber bin über Aktien und vor allem verkaufte puts investiert

  • was geschah

    in der kurzen zeit seit der eröffnung dieses threads und meinem initialen post hat sich doch schon viel positives getan, einige der ursprünglich genannten probleme wurden gelöst, andere deutlich entschärft:

    • neuer ceo: hier hat man einen turnarounderfahrenen ceo (Kare Schultz) gefunden, der mit viel vorschulsslorbeeren den neuen job antreten wird (verantwortlich für turnaround bei lundbeck in zwei jahren, über 25 jahre erfahrung bei novo nordisk in führender position)
    • schuldenabbau: erste assetverkäufe aus geschäften die nicht zum kernbereichen gehören wurden erfolgreich abgeschlossen, hier wurden $2.48 mrd. eingenommen, die verkauften bereiche machten einen umsatz von $588 mio. (https://seekingalpha.com/news/…asset-coopersurgical-1_1b, https://seekingalpha.com/news/…ercent-premarket-rbc-says)... diese geschäfte wurden also für das 4.4-fache des umsatzes verkauft, was recht gut ist... würde man ganz teva grob mit dem 4.4-fachen des umsatzes abzüglich aller schulden bewerten, käme man auf ca. das 4-fache des jetzigen kurses, nur mal so als einfache/grobe orientierung
    • kreditbedingungen: die kreditbedingungen wurden gelockert und erlauben teva so mehr spielraum, anstatt wie bisher "schulden < 4.25xEBITDA" bis ende 2017 gelten neu nur noch "schulden < 5xEBITDA" bis ende 2018 (http://ir.tevapharm.com/phoeni…ol-newsArticle&ID=2301459)

    und der kurs ist noch immer etwa auf dem gleichen niveau wie vor den positiven nachrichten, der kursprung nach ankündigung des neuen ceo's wurde zur hälfte schon wieder abgebaut

  • Danke für deine Beiträge. Nicht dass man dich noch als verrückt erklärt mit dem Monolog komme auch ich nochmals auf Teva zu sprechen.


    Der Sprung von 20% beim CEO war selbst für mich eine Überraschung, obwohl ich ja glücklicherweise genau dies noch als Ausnahme zum von mir erwartenden zusätzlichen Kursverlust genannt hatte. Mittlerweile haben sich ja wie von dir erwähnt die 20% wieder relativiert.


    Bisher lief eigentlich alles für Teva, nichtsdestotrotz ist der Kurs immernoch auf Level vom Absturz. Das finde ich auch ein bisschen zu stark nach unten übertrieben. Ich halte den Punkt des vakanten CEO-Posten in meinem Posting oben als sehr relevant für die Bewertung, von daher schaue ich die Sache aktuell optimistischer an. Natürlich kann der neue CEO bzgl. Margen wohl auch nicht einfach Wunder vollbringen, aber zumindest haben wir nun eine Unternehmung, welche wieder geführt wird. Schliesslich sind die Margen dann ein Branchenproblem und nicht ein spezifisches Unternehmensproblem, d.h. es stellt sich dann die Frage des Aussitzens, wer länger eine Durststrecke überleben kann (kann natürlich Jahre dauern, wie bspw. in der Shippingbranche). Hier haben wir natürlich noch immer das Verschuldungsproblem. Für mich läuft es einfach auf die Entscheidung raus, ob man für die Zukunft annimmt, dass man die Marge stabilisieren kann, oder ob es abwärts geht. Ich persönlich glaube nichtmal so stark, dass es weiterhin abwärts geht, weil Teva dann doch eben der Marktführer ist und ihre Grösse ausspielen kann.


    Ich wollte die Sachlage bzgl. Valeant nicht dramatisieren, dass es gleich schlimm ist, weil bei Valeant setze ich keinen Franken ein, hier habe ich ja geschrieben, dass mein Interesse durchaus vorhanden ist, jedoch meine Erwartung eher noch nach unten war. Der CEO hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht :-).


    Das mit den Kreditbedingungen habe ich gar nicht mitbekommen. Es bleibt für mich aber sehr schwierig abschätzbar, wie gut dieser neu gewonnene Freiraum überhaupt ist: Grundsätzlich darf nun ja so der EBITDA 15% tiefer sein als mit den bisherigen Bedingungen. Ich hab das aktuelle Ratio bzgl. Schulden-EBITDA nun nicht nachgeschaut/gerechnet, finde aber, dass 15% Veränderung des EBITDA in einer solchen Situation nicht gerade viel ist. Immerhin ist das EBITDA nur Margenabhängig, nicht noch durch die Abschreiber oder Zinsen auf den Schulden beeinflusst. Muss mir dies noch durch den Kopf gehen lassen... Was meinst du dazu?

  • kreditbedingungen

    hehe danke für die unterstützung Origami... ja du hast recht soviel machen die 15% nicht aus, aber vielleicht gerade genug... ausserdem ist für mich hier das entscheidende, dass nachverhandlungen der kreditbedingungen anscheinend jederzeit möglich sind, es ist ja auch verständlich, die ordentliche rückzahlung der schulden ist im interesse beider seiten, von dem her verliert dieses thema für mich deutlich an brisanz (hatte es zwar auch vorher nicht so hoch gewichtet als negativen punkt)

  • paul81 hat am 23.09.2017 08:04 geschrieben:

    Quote

    ja du hast recht soviel machen die 15% nicht aus, aber vielleicht gerade genug...

    "EBITDA was $1.6 billion in the third quarter of 2017, down 16% compared to $1.9 billion in the third quarter of 2016." Ein Schelm...


    Nein, im Ernst, heute wurden viele auf dem falschen Fuss erwischt, obwohl ich eigentlich das Resultat heute i.O. finde (die schlimmen Nachrichten sind ja durch) und Cashflow vorhanden ist. Nichtsdestotrotz wird halt auch schon wieder 400mio auf Allergan abgeschrieben...

  • paul81 hat am 08.08.2017 13

    Quote

    ... Macht beim derzeitigen Kurs ein KGV von 4 für 2017.


    Für mich bietet sich hier eine einmalige Gelegenheit bei einem angeschlagenen Weltmarkführer billig einzusteigen. Ausserdem handelt es sich hier um das grösste Unternehmen Israels, welches in einem wachsenden Markt tätig ist. Ich rechne daher fest mit einer langfristigen Erholung und habe in den letzten Tagen meine Position deutlich aufgestockt.

    Wird ja wieder interessant hier. Die über-/ untertreiben immer die Amis (oder Israelis)


    Sache ist nur, dass die TEVA ihre immensen Schulden zu sehr guten Bedingungen aufgenommen hat. Wenn sich die Refinanzierung schwierig oder teuer gestalten sollte, ist auch das optisch tolle KGV für viele Jahre Geschichte.


    Operating Cash Flow von 3.4 Mrd bei Schulden von 34 Mrd wenn ich das richtig verstehe? Ups . . .

  • nichts für schwache nerven

    ja das ist im moment nichts für schwache nerven, sieht kurstechnisch richtig übel aus, nochmals ein stockwerk tiefer heute, jetzt muss ich schon mein silber verkaufen um hier nachlegen zu können :D


    das (optisch) tolle kgv oder mk/fcf ist zu verlockend, unter der annahme die schulden können gemäss plan getilgt werden, und davon gehe ich natürlich aus

  • umstrukturierung

    Schultz legt los wie die feuerwehr


    Kåre Schultz, Teva’s President and CEO, said, “Teva is taking decisive and immediate action to address external pressures and internal inefficiencies. Our new company structure will enable stronger alignment and integration between R&D, operations and the commercial regions, allowing us to become a more agile, lean and profitable company."


    Schultz continued, "We will focus on driving sustainable value creation. The new management team will position Teva for turnaround in the short to medium term. We are already working on a detailed restructuring plan for Teva and will share it in mid-December. It remains our absolute priority to stabilize the company’s operating profit and cash flow in order to improve our financial situation, while being focused on short-term revenue and cash generation, and at the same time, ensure we deliver on our commitment to supply high-quality medicines to patients around the world."


    http://www.tevapharm.com/news/…ership_changes_11_17.aspx