Eigentlich war der Monat Mai für den SMI ein stinklangweiliger Monat. Wer Anfang Mai ins Koma gefallen ist und jetzt wieder aufwacht, wird in seinem Portfolio keinerlei Veränderung feststellen.
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Ein langweiliges gedaddel um die 6500 bei äusserst geringer Volatilität.
Auf den zweiten Blick ist das allerdings durchaus positiv, wenn man bedenkt, wie stark der Franken im Moment ist.
Vergleichen wir den SMI mit dem Dow, stellen wir fest, dass der Dow im Mai etwa 500 Punkte eingebüsst hat und nun wieder auf dem Niveau von Anfang April steht. Allerdings in Dollars gerechnet, die seit Anfang April rund 7% an Wert gegenüber dem Franken verloren haben!
So betrachtet ist es eine gute Leistung des SMI, das Niveau bei steigendem Franken gehalten zu haben.
Die Erklärung dafür liegt auf der Hand: Die Schweiz wird mehr und mehr zum Fluchthafen für Kapital aus dem Dollar- und vor allem dem Euro-Raum.
Der Schweizer Franken wird im Moment also als "so gut wie Gold" angesehen. Im Mai sogar als besser als Gold:
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Was dem Franken noch zusätzlichen Auftrieb verschafft haben dürfte ist die Vermutung, die SNB könne demnächst die Leitzinsen anheben. Würde sie dies tatsächlich tun, würde der Franken weiter aufgewertet. Die Zinsen würden steigen (schlecht für Hypotheken) und der SMI käme unter Druck.
Demgegenüber würde die Teuerung eingedämmt und wir könnten uns für unsere sauer verdienten Fränkli mehr leisten. Der Ölpreis würde z.B. in Franken gerechnet sinken oder zumindest nicht mehr steigen.
Dass die SNB tatsächlich den Leitzins erhöht glaube ich allerdings nicht. Und zwar aus folgenden Gründen:
1. Besteht eigentlich gar keine Notwendigkeit, denn die offizielle Teuerung in der Schweiz ist ja noch sehr niedrig.
2. Gibt es da immer noch den Druck der Exportindustrie, die sich gegen einen zu starken Franken wehrt und lieber eine Abwertung parallel zu Euro und Dollar favorisiert.
3. Wäre das eine 180°-Wende der SNB gegenüber ihrer Geldpolitik der letzten 10 Jahre. Wir erinnern uns, dass die SNB den Franken immer schön parallel zu Euro und Dollar abgewertet hat. Warum sollte sie diesen Kurs auf einmal ändern? Schliesslich sind es dieselben Köpfe, die bei der SNB das Sagen haben.
Auch das lässt sich am Gold/Franken Chart ablesen: Seit etwa einem Jahr hält die SNB den Wert des Franken stabil. Vor Mitte 2010 war das noch ganz anders:
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Wir können also festhalten, dass der Franken derzeit vom Kampf Euro gegen Dollar profitiert, weil sowohl der Dollar- als auch der Euro-Raum von den Anlegern als schlechtes weil unsicheres Investment betrachtet werden.
Werfen wir deshalb mal einen Blick auf die beiden Giganten:
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(Euro in Dollar)
Im Moment ist der Euro wieder im Aufwind gegenüber dem Dollar. Das liegt sicherlich an den Sparprogrammen, die die Eurozone ihren Sorgenkindern auferlegt hat und der jüngsten Leitzinserhöhung. Europa und die USA verfolgen völlig unterschiedliche Strategien zur Bewältigung der Krise. Die USA drucken Geld und entwerten somit ihre Währung, Europa versucht mit Sparmassnahmen die Schulden in den Griff zu kriegen. Beides wird nicht gelingen:
Europa: Die starken und seriösen Euro-Länder (Deutschland, Österreich, Niederlande und Finnland) mit relativ niedrigen Schulden könnten mit eigener Währung durchaus schweizerische Verhältnisse haben. Sie haben allerdings das Problem, dass ihre Banken sehr stark in Staatsanleihen der PIIGS-Staaten investiert haben und entsprechend konkursgefährdet sind, sollte eines dieser Länder bankrott erklären. Die "Griechenlandhilfe" z.B. der Deutschen hat entsprechend auch nichts mit Griechenland zu tun sondern ist ein versteckter bailout der Deutschen Bank.
Das funktioniert im Wesentlichen so: Die Deutsche Bank nimmt zu 2% Kredit bei der EZB auf, kauft davon Griechenland Anleihen mit vielleicht 16% Rendite, kassiert entsprechend 14% Gewinn und lässt sich die schlechten Anleihen vom deutschen Steuerzahler wieder absichern, der den Verlust trägt.
Den PIIGS-Staaten bringen diese Massnahmen überhaupt nichts. Die von der EU und dem IWF auferlegten Sparprogramme und Steuererhöhungen sorgen für eine Rezession von 6%, die Steuereinnahmen gingen um 9.2% zurück. (Weitere Details hier: http://www.griechenland-blog.g…t-den-haushaltsplan/4516/ ).
Kein Wunder also, wenn das Volk auf die Strasse geht. Vor allem die Jungen, die an der aktuellen Misere keine Schuld tragen, sie aber ausbaden müssen.
Dem Beispiel Griechenlands folgend dürfte sich auch die Situation in den Strassen Madrids, Lissabons und Dublins verschärfen.
Die vernünftigste Lösung für diese Länder wäre ein Haircut von mindestens 50%. Konsequenz wären entsprechende Verluste bei den hoffnungslos unterkapitalisierten Geldgeber-Banken, die dann evtl. sogar unter Wasser gerieten.
Wie man es auch betrachtet: Es wird hässlich.
USA: Die Probleme in den USA unterscheiden sich insofern von den europäischen als die Amis weiterhin versuchen, ihre Schulden durch Inflation in den Griff zu kriegen. Somit ist zwar nominal immer genug Geld vorhanden aber die sinkende Kaufkraft treibt die Teuerung voran. Die Amis werden entsprechend nicht wegen zu hoher Steuern auf die Strasse gehen sondern wegen zu hoher Lebensmittel- und Benzinpreise.
Für die FED ist es eine Gratwanderung, einerseits genügend neues Geld zu drucken, um Politiker, Aktionäre und Banken bei Laune zu halten, andererseits aber das Vertrauen der ausländischen Kreditgeber nicht zu verscherzen.
Für mich war die grösste Überraschung im Mai, dass der Dollar sich nur so kurz erholt hat, bevor er seine Talfahrt (auch gg. Euro) wieder aufgenommen hat. Denn die offizielle Lesart lautet doch: "Wir (die FED) werden die QE-Massnahmen per Ende Juni 2011 auslaufen lassen. Die Wirtschaft ist stark genug, um wieder auf eigenen Füssen zu stehen.". Diese Ankündigung von Bernanke hätte - wie ich im Eröffnungsthread Mai geschrieben habe - für eine nachhaltige Erholung des Dollars aber auch für einen stärkeren Einbruch der Aktienmärkte sorgen müssen.
Offenbar traut der Markt der Aussage Bernankes nicht und rechnet mit einer Fortführung von QE. Wenn dem so ist, halte ich das für ausserordentlich bedenklich. Wenn das Vertrauen in die FED flöten geht, ist es mit dem Vertrauen in den Dollar auch nicht mehr weit her. Und entsprechend auch nicht in US Schuldpapiere.
Emerging Markets: Die enormen Sparkapitalien aus dem Euro- und Dollarraum suchen sich neue, bessere, rentablere Investitionsziele und werden in den BRIC-Staaten fündig.
Wer eine bessere Rendite sucht, investiert in Asien oder Südamerika. Wer sein Geld in erster Linie in Sicherheit bringen möchte und weniger auf die Rendite achtet, bringt sein Geld in die Schweiz oder legt es in Rohstoffen und Edelmetallen an.
Die Schweiz ist zwar kein Emerging Market aber die Vor- und Nachteile des ausländischen Fluchtkapitals sind in etwa dieselben. Entschuldigt deshalb, wenn ich Schweiz und Emerging Markets in einem Atemzug nenne.
Für die Emerging Markets wie auch für die Schweiz gilt deshalb, dass das ausländische Kapital nach Anlagemöglichkeiten im Land sucht. Entsprechend steigt die Nachfrage und in der Folge die Preise. Z.B. am Aktienmarkt wie auch bei Immobilien. Das muss nicht zwingend positiv sein, denn mit den Immobilienpreisen steigen auch die Mieten. Diese importierte Inflation kann mit Boardmitteln der Zentralbanken (= Zinserhöhung) nicht bekämpft werden sondern nur durch Aufwertung der eigenen Währung.
Am Beispiel China und Schweiz sehr gut zu erkennen: In der Schweiz wird der Franken aufgewertet. Für ausländisches Kapital wird es also immer teurer, sich in unser Land einzukaufen. Entsprechend bleibt die Teuerung niedrig.
Demgegenüber in China mit einer fixen Koppelung des RNB an den Dollar: Der Yuan bleibt billig aber die Teuerung im Land steigt unangenehm.
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Ausblick Juni
Ehrlich gesagt: Ich habe da echt keinen Plan.
Für die Schweiz können wir festhalten, dass es im Moment das zuströmende ausländische Fluchtgeld und weniger die Leistung der heimischen Unternehmen ist, das für das hohe Niveau des SMI und den starken Franken verantwortlich ist. Entsprechend sind es auch Ereignisse im Ausland, die den weiteren Verlauf hierzulande bestimmen werden.
Sollte z.B. das Vertrauen in Euro/Dollar steigen oder fallen, können wir entsprechend mit einem Zufluss oder Abfluss von Geld in die/aus der Schweiz rechnen.
Eine Zinserhöhung der SNB würde einerseits den Franken weiter verteuern und sollte somit den Geldzufluss bremsen. Aber genau so kann man argumentieren, dass dann der Franken als noch stabiler und somit begehrenswerter angesehen würde und noch mehr Kapital in unser Land strömt.
Das nächste weltbewegende Ereignis wird erst im Juli stattfinden. Dann nämlich, wenn die FED Farbe bekennen muss und sich zeigen wird, ob die US-Wirtschaft auch ohne QE auf eigenen Füssen stehen kann oder eben nicht.
Vorher erwarte ich deshalb keine nennenswerten Schwankungen. Weder im SMI oder Dow noch bei Rohstoffen, Edelmetallen oder Währungen.
Happy Trades
Marcus