Beginnen wir wie immer mit dem
Rückblick auf den April.
Meine Prognose für den April lautete, dass sich die Bärenmarktrally bis Mitte April fortsetzen und die Kurse danach sinken würden.
Das war soweit richtig als wir tatsächlich am 17. April ein Hoch hatten aber falsch, weil die Kurse seither nicht abwärts sondern seitwärts tendierten. Sogar mit einem neuen Hoch im SMI gestern, 30. April.
Hier der Chart:
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Nach einmonatiger Seitwärtsbewegung ist der MACD auf hohem Niveau gefangen. Steigen kann er kaum noch und runter will er auch noch nicht so richtig. Eine Pattsituation also, bei der allerdings das Potenzial nach unten höher ist als jenes nach oben.
Vergleichen wir hierzu den S&P 500:
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Hier gab es gestern einen gescheiterten Ausbruchsversuch, der mit einem kleinen Hammer endete. Der Hammer (Candlestick Umkehr-Kerze) ist aber erst bestätigt, wenn heute, Freitag, der S&P mit einem gap-down eröffnet.
Ich will nicht ausschliessen, dass die Kurse auch weiterhin noch in ihrer Seitwärtsrange verharren können aber die aktuelle Abflachung deutet doch sehr auf ein Ende der Bärenmarktrally hin.
Hier sieht man es sehr gut im Vergleich mit den letzten beiden Rallyes:
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Eine komplette Fehleinschätzung ist mir beim Goldpreis gelungen. Hier hatte ich um den 6. April mit einem Ausbruch gerechnet:
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Der Ausbruch kam zwar tatsächlich, allerdings leider in die falsche Richtung.
Was uns derzeit beschäftigt sind zwei Ereignisse des April:
* Lockerung der Bewertungsvorschriften
* Schweinegrippe
Gehen wir's kurz durch:
Lockerung der Bewertungsvorschriften
Wer eine Bilanz erstellt, muss seine Aktiva bewerten. Bei der Bank sind das Papiere. Nicht immer lässt sich der Wert eines Papieres festlegen. Man unterscheidet deshalb zwischen Level 1, 2 und 3.
Level 1: Hierbei handelt es sich um Papiere wie Aktien oder Obligationen, für die ein liquider Markt existiert und sich somit der Wert des Portofolios exakt bestimmen lässt.
Level 2: Sind Werte, für die ein Markt existiert aber dennoch der Wert geschätzt werden muss. Beispielsweise Liegenschaften.
Level 3: Sind Papiere für die kein Markt existiert. Darunter fallen die toxischen Papiere - auch als Giftmüll bekannt - wie ABS', CDO's, MBS etc.
Die Lockerung der Bilanzierungsvorschriften bezieht sich auf die Level 3 Papiere. Bisher mussten die bis zum recht niedrigen Marktpreis abgeschrieben oder sogar zu 100% abgeschrieben werden. Entsprechend wurden die Bilanzen der Banken belastet und die Banken in den Beinahe-Konkurs getrieben.
Neu dürfen diese Papiere nun mit einem beliebigen Preis bewertet werden.
Ein Papier, das z.B. $100 kostete und jetzt einen Marktpreis von noch $5 hat, muss nun nicht mehr mit $95 abgeschrieben werden sondern kann mit irgend einem Betrag zwischen $5 und $100 in der Bilanz auf der Aktivseite auftauchen.
Für die Banken hat das den Vorteil, dass die wahren Verluste nun verschleiert werden können und eine Bank nun statt Verlust einen Gewinn ausweisen kann , wenn sie die Bewertung hoch genug ansetzt. Citigroup und Bank of Amerika haben das letzte Woche ja vorexerziert.
Nun, Giftmüll bleibt Giftmüll. Auch, wenn man ihm nun ein neues Preisschild aufklebt. Der Nachteil dieser Lockerung ist schlicht der, dass die Transparenz nun völlig flöten gegangen ist. Bankbilanzen sagen nun nichts mehr über den finanziellen Status der Bank aus. Deshalb dürften auch die Aktienpreise der Finanzinstitute nicht wesentlich steigen. Im Gegenteil, die Verunsicherung ist gestiegen.
Schweinegrippe
Im Moment herrscht grosse Unsicherheit, weil sich die Informationen widersprechen. Einerseits gilt die Grippe als sehr harmlos was den Krankheitsverlauf betrifft. Aber das sind Viren der ersten Generation immer. Insofern macht es Sinn, die Grippe dieses Jahr auszurotten, weil der Virus sonst per 2010 zu einer tödlicheren Bedrohung mutieren könnte.
Der Einfluss auf die Börse trifft Transport und Tourismus. Die Aktien von Reiseveranstalten und Fluglinien haben in der Folge stark gelitten. Im Schlepptau der Airlines hat auch der Ölpreis gelitten.
Roche hingegen konnte dank Tamiflu punkten.
Ausblick auf den Mai
Die neusten Steuerdaten aus den USA müssten eigentlich heute veröffentlicht werden. Wir wissen bereits in welche Richtung sie zeigen: Mehr Schulden.
Es wird damit gerechnet, dass die Steuereinnahmen um 28% zurückgegangen während die Staatsausgaben um 44% gestiegen sind. Positive wie auch negative Überraschungen sind zwar in beide Richtungen möglich aber unter dem Strich kann man prophezeien, dass der Dollar und US-Schuldpapiere nicht zu den Best-Sellern der nächsten Monate gezählt werden dürfen.
Saisonal gehört der Mai zu den schlechtesten Börsenmonaten. Wir alle kennen ja den Spruch "Sell in May". Dies, in Kombination mit den aktuellen überkauften Charts lässt den Schluss zu, dass es im Mai abwärts geht. Mindestens bis 4800, wenn die Bullen Glück haben. Wahrscheinlicher aber in Richtung 4200 beim SMI.
Das wären entsprechend etwa 600 im S&P und 3300 im DAX.
Nicht, dass diese Werte bereits im Mai erreicht werden müssen aber das ist so in etwa die Richtung.
Wenn Währungs-mässig nichts aussergewöhnliches passiert müsste Gold die nächsten 3 Monate ziemlich lustlos um $900 pendeln.
Was dem widerspricht ist der unbemerkte Ausbruch des TYX:
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Der TYX, das sind die Renditen der 30-jährigen US Treasury Bonds. Ein steigender TYX bedeutet also, dass die Preise der Bonds sinken.
Das ist genau das Signal, auf das ich bereits seit 3 Monaten warte.
Zur Rekapitulation:
Die Preise der US-Schuldpapiere richten sich nach Angebot und Nachfrage. Der US Staat muss seine Konjunktur- und Bailout-Programme über neue Schulden finanzieren. Schliesslich hat er ja kein Geld.
Werden diese Treasuries - wie im November, Dezember 2008 - sehr stark nachgefragt, weil Treasuries als sicherer Hafen gelten, dann steigt der Preis und im Umkehrzug sinken die Renditen, der TYX. Da diese Papiere in Dollars bezahlt werden müssen, steigt entsprechend auch der Dollar, denn Ausländer müssen erst Dollars kaufen, um damit die Treasuries bezahlen zu können.
Umgekehrt sinkt der Preis der Treasuries (sowie des Dollars), wenn Treasuries vermehrt verkauft werden. Der TYX steigt.
Das ist die Situation, die wir jetzt haben. Die Preise der Treasuries beginnen nach unten auszubrechen. Allerdings müssen wir das noch weiter beobachten, denn bisher ist der Dollar dem Preis der Treasuries noch nicht gefolgt.
Das lässt zwei Schlussfolgerungen zu:
1. Der Dollar wird zeitverzögert auch sinken.
2. Die Treasuries wurden vornehmlich durch Amerikaner verkauft, die nur aus Treasuries, nicht aber aus Dollars geflohen sind.
Spekulativ kann man das nun mit einem Short auf den Dollar traden. Der wird jetzt nämlich entweder gleich bleiben oder sinken.
Der Bond-Markt ist mit $86 Billionen der grösste Markt der Welt (Welt Aktienmarkt = $30 Billionen, US GDP = $11 Billionen) und bestimmt den weiteren Verlauf der Aktienmärkte und Währungen.
Ein steigender TYX kann auf einen Vertrauensverlust ins US Finanzsystem hindeuten. Konkret: Die Fähigkeit der USA, ihre Schulden zu bedienen.
Bisher ist zwar noch alles im grünen Bereich aber wir haben uns hier ja angewöhnt, auf möglichst frühzeitige Indikatoren zu achten, um von einem Crash nicht auf dem falschen Fuss erwischt zu werden.
Der TYX ist somit im Moment der wohl wichtigste Vorläufer. Man sollte ihn unbedingt im Auge behalten!
Happy Trades
Marcus